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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 335 -
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335Schicksale der Häftlinge aus der Sowjetunion | gegenüber den «Ostarbeitern».41 Die Flucht war oft ganz spontan, unvorbereitet, naiv, man floh zu zweit, sogar zu dritt, was natürlich aussichtslos war, denn der lange Weg über Deutschland und Polen zurück in die Sowjetunion war nicht zu bewältigen und die Entflohenen wurden sehr schnell von der Polizei aufgegriffen.42 Iwan Sapirin, der von Halle in eine Fabrik in Magdeburg kam, entschloss sich zusammen mit zwei ande- ren zur Flucht, als er zu den Krupp-Werken nach Essen versetzt werden sollte. «Und wir haben sofort ausgemacht, wegzulaufen. […] und weglaufen wollten wir zu dritt, das heißt, wir haben beschlossen, in die Heimat zu fliehen und [der deutsche Vorarbeiter] Otto Schmidt hat uns gesagt, dass die Altmark, das ist unter diesen, unter Berlin, und die Stadt Stendal, sagt er : Ihr fahrt dahin unter Berlin, und da sind Dorfgegenden, ihr kommt da besser durch […]. Also sind wir da angekommen, und als wir in Stendal auf dem Bahnsteig ausgestiegen sind, war drumherum alles abgeriegelt, und da lief der mit diesem Brett, der Revierpolizist rum. Da kann man sich nirgendwo hin  … […] Wir haben gelogen, ich hab’ mir so eine Geschichte ausgedacht, ich wundere mich jetzt selbst über meine Naivität, mit der ich das erzählt habe.»43 Sapirins Geschichte, sie seien ausgebombt worden und hätten ihren «Herrn» verloren, wurde ihnen abgekauft und alle drei vom Arbeitsamt zu landwirtschaftlichen Arbeiten in ein Dorf bei Stendal geschickt. Nach einigen Monaten wurden sie jedoch von der Polizei verhaftet. Ein anderer häufiger Grund für die Einlieferung ins Gestapogefängnis war der Diebstahl von Lebensmitteln, Kleidung etc. zur Verbesserung der eigenen Versorgung, aber auch als Tauschmittel auf dem Schwarzmarkt, wobei die Darstellung der Ereig- nisse oft sehr unklar ist. Fedor Ganitschenko, Jahrgang 1924, der im Sommer 1942 von Saporoschje nach Berlin zur Zwangsarbeit in einer Rüstungsfabrik kam, erzählt, wie er einmal fast verhaftet worden wäre : «Wir sind ein Mal in eine schöne Situation geraten. […] Wir sind ins andere Lager gefahren, und von dort waren wir auf dem Rückweg. Wir sind erst bis zum Lager gekommen, mussten über den Zaun klettern, doch der ist auch abgesperrt, mit Draht abgesperrt, doch nur nicht mit Stacheldraht, sondern einfach so, dass man drüberklettern kann. Wir sind erst gerade dorthin gekommen, und schon schreien sie : ‹Halt !› Mein Kamerad war ein anderer, so und so  … und es ist geschehen, dass jemand da im Lager Sachen gestohlen hat. Doch wer gestoh- len hat, keine Ahnung, und man hat sie hinter dem Lager gefunden. Und wir sind gerade von 41 Eine besonders traumatische Wirkung auf die jungen «Ostarbeiter» scheinen der Hass und die Aggres- sion der faktisch gleichaltrigen HJ-Jugendlichen ihnen gegenüber gehabt zu haben. 42 Während der massiven Bombenangriffe der Alliierten 1944/45 gelang es manchen doch zu fliehen und in den Ruinen unterzutauchen ; es bildeten sich gegen Ende des Krieges ganze Gruppen von entflohenen Zwangsarbeitern. 43 AMM, MSDP, OH/ZP1/651, Interview Sapirin, S. 3. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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