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348 | Imke Hansen
«Wenn dieses Volk zehn Stunden am Tag arbeitet, dann muss es acht für uns arbeiten. Alle
sentimentalen Hinwendungen müssen unterbleiben. Mit eiserner Gewalt muss dieses Volk
regiert werden, damit es uns jetzt hilft, den Krieg zu gewinnen. Wir haben es nicht befreit, um
die Ukraine zu beglücken, sondern um für Deutschland den notwendigen Lebensraum und
die Ernährungsgrundlage zu sichern.»24
Zwangsarbeit, Straf- bzw. Vergeltungsmaßnahmen und Hunger prägten daher den All-
tag im RKU. In den Städten waren Lebensmittel – nicht zuletzt durch die priorisierte
Versorgung von Wehrmacht, Einsatzgruppen und deutschem Personal – insgesamt
knapp und es wurden in erster Linie diejenigen mit Gütern versorgt, die für die Deut-
schen arbeiteten, was zu Hungersnöten führte.25
Die östlichsten ukrainischen Gebiete wurden nicht in das RKU eingegliedert und
verblieben als «Rückwärtiges Heeresgebiet Süd» unter militärischer Kontrolle. Die süd-
liche Grenzregion Transnistrien übergaben die deutschen Besatzer ihrem Verbünde-
ten Rumänien. Der schmale Landstreifen wurde zu einem Gebiet, in das 1941/42 ca.
150.000 Juden aus den rumänisch besetzten Gebieten Bessarabien, Bukowina und der
nördlichen Moldauregion deportiert wurden.26 Die Krim sollte eine deutsche Kolonie
werden.27
Die deutschen Besatzer setzten ihre politischen Maßnahmen mit Hilfe lokalen ad-
minstrativen Personals28 sowie der aus Ukrainern und Balten rekrutierten Schutz-
mannschaften durch, welche die Funktion der lokalen Polizei übernahmen.29 Bereits
vor der Übernahme von Gebieten durch die Zivilverwaltung hatten Militärverwal-
tungen Hilfspolizeieinheiten aus von der Geheimen Feldpolizei für vertrauenswürdig
befundenen Ukrainern zusammengestellt, die mit der Etablierung der Polizeiorganisa-
tion als «Schutzmannschaft» in die Verantwortung des SS- und Polizeiapparats über-
gingen.30 Ab November 1941 rekrutierten die Deutschen die Hilfspolizisten nicht nur
24 Zit. nach Norbert Müller (Hg.) : Die faschistische Okkupationspolitik in den zeitweilig besetzten Gebie-
ten der Sowjetunion (1941–1944), Berlin 1991 (Europa unterm Hakenkreuz, 5), S. 322.
25 Meindl, Ostpreußens Gauleiter, S. 343.
26 Siehe dazu Wolfgang Benz/Brigitte Mihok (Hg.) : Holocaust an der Peripherie. Judenpolitik und Juden-
mord in Rumänien und Transnistrien 1940–1944, Berlin 2009 (Dokumente, Texte, Materialien, 73) ; Ma-
riana Hausleitner et al. (Hg.) : Rumänien und der Holocaust. Zu den Massenverbrechen in Transnistrien
1941–1944, Berlin 2001 (Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939–1945, 10).
27 Siehe dazu u. a. Norbert Kunz : Die Krim unter deutscher Herrschaft (1941–1944). Germanisierungsuto-
pie und Besatzungsrealität, Darmstadt 2005 (Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der
Universität Stuttgart, 5) ; Karl Heinz Roth/Jan-Peter Abraham : Reemtsma auf der Krim. Tabakproduk-
tion und Zwangsarbeit unter der deutschen Besatzungsherrschaft 1941–1944, Hamburg 2011 (Schriften
der Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts).
28 Siehe dazu Eikel/Sivaieva : City Mayors, Raion Chiefs and Village Elders.
29 Dies geschah, obwohl Hitler selbst gegen bewaffnete Hilfseinheiten war ; vgl. Meindl, Ostpreußens Gau-
leiter, S. 327.
30 Pohl, Herrschaft der Wehrmacht, S. 174. Zu den Schutzmannschaften siehe Dean, Collaboration in the
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen