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38 i. Einführung
und Wirkung der einzelnen Instrumente haben, um so durch ihren pointierten, dezi-
dierten Einsatz die gewünschten Effekte erzielen zu können.
Norbert Jürgen Schneider beschreibt in seinem Buch Komponieren für Film und Fernse-
hen einige dieser Effekte. Die sogenannte Klangfarbenmodulation ist das Changieren mehre-
rer Instrumentengruppen über einem Akkord - z. B. beginnen die Streicher, werden dann
vom Holz unterstützt, wonach das Blech den Akkord übernimmt. Mischfarben entstehen,
wenn das Ohr kein spezifisches Instrument mehr orten kann - z. B. Wagner im Vorspiel zu
Parsifak Violoncello, Klarinette und Englischhorn ergeben im Zusammenklang den Ein-
druck eines Waldhornes. Schneider beschreibt dies als virtuelle Instrumentation.^
Die verschiedenen Orchesterinstrumente haben ihre eigene Symbolik. Die Klarinette
zum Beispiel gilt mit ihren verschiedenen Registern als sehr vielseitiges Instrument. Sie
kann Sanftheit ausdrücken ebenso wie Gefahr. Der Oboe schreibt man die Fähigkeit der
Verführung zu und der Flöte, wegen der Leichtigkeit des Anblasens, Flatterhaftigkeit,
Scherzen oder auch Unbeschwertheit. Trompeten und Pauken benutzt man, um Macht
darzustellen, Hörner mit ihren Naturtönen stehen für Freiheit, Revolution und eben
Natur. Die Posaune stellt die Mahnung Gottes dar, besonders im Dies Irae.
Diese wenigen Beispiele verdeutlichen bereits die reichhaltigen Möglichkeiten des Or-
chestrators, der den kompletten Klangapparat zu Verfügung hat. Andererseits muss sich
jeder Komponist und auch jeder Arrangeur bewusst sein, dass es eine gefährliche Nähe
zum Klischee gibt, wenn er in kurzen Momenten Stimmungen schaffen soll, wie dies im
Normalfall bei der Filmmusik gefordert ist.
Richard Strauss unterscheidet in seiner Instrumentationslehre zwischen der Polyphonie
des Orchestersatzes eines Richard Wagner und dem homophonen Orchesterstil der dra-
matischen Schule, wie er etwa in den Opern Glucks zu sehen sei, und legt dar, warum die
Vielschichtigkeit der orchestralen Polyphonie dem homophonen Konzept überlegen ist:
„Und nur wahrhaft sinnvolle Polyphonie erschließt die höchsten Klangwunder des Or-
chesters. Ein Orchestersatz, in dem ungeschickt oder, sagen wir nur, gleichgültig geführte
Mittel- und Unterstimmen sich befinden, wird selten einer gewissen Härte entbehren und
niemals die Klangfülle ergeben, in der eine Partitur erstrahlt, bei deren Ausführung auch
die zweiten Bläser, zweiten Violinen, Bratschen, Violoncelli, Bässe sich in der Belebung
schön geschwungener melodischer Linien seelisch beteiligen. Dies ist das Geheimnis ...
der Tristan- und Meistersingerpartitur ... während selbst die mit so großem Klangsinn
aufgebauten Berliozschen Orchesterdramen, die Partituren Webers und Liszts ... an einer
starken Sprödigkeit des Kolorits deutlich erkennen lassen, dass der Chor der Begleitungs-
44 Vgl. Norbert Jürgen Schneider: Komponieren fiir Film und Fernsehen. S. 201
Der Filmkomponist Max Steiner
1888 - 1971
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Der Filmkomponist Max Steiner
- Untertitel
- 1888 - 1971
- Autor
- Peter Wegele
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 302
- Schlagwörter
- Film Music, Biography, Cinema, Musical science, Musicology, History of Music
- Kategorie
- Biographien