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1.2. Filmmusiktechnik J9
und Füllstimmen vom Tonsetzer nicht melodischer Selbstständigkeit für würdig erachtet
wurde, daher auch vom Dirigenten nicht zu der seelischen Teilnahme am Ganzen he-
ranzuziehen ist, die zur gleichmäßigen Durchwärmung des gesamten Orchesterkörpers
unbedingt nötig wäre."4S
In seinem Buch Komposition für den Film geht der Komponist Hanns Eisler mit seinen
Kollegen aus Hollywood schwer ins Gericht und zielt damit besonders auf die Orches-
trierungspraxis ab:
„Andererseits wird durch die Ausbildung des Arrangeurs der Orchesterklang selber stan-
dardisiert. Die Folge ist lästige Uniformität der Filmpartituren ... Diese Sterilität ist zum
Teil den heute in den Studios üblichen Orchesterbesetzungen zuzuschreiben ... manche
... Restriktionen in der Besetzung haben doch die Tendenz, den Klang zu normen. Das
bezieht sich vor allem auf den Pseudoglanz von Titel und Schluß, auf eintönige Ho-
mophonie, mit stets verwischten Mittelstimmen, auf die Vorherrschaft des ,schmalzigen'
Geigentons, die Undifferenziertheit der Holzbläserbehandlung, von denen höchstens das
Fagott als Lokalkomiker und die Oboe als Unschuldslamm hervortreten, und die schwer-
fallig-akkordische Führung des Blechs. Außer dem gröbsten Dialogisieren von Blech und
Streichern hört man fast nichts als die aufdringliche Oberstimme, von einem schwächli-
chen Baß begleitet ... "4S
Eisler macht dieses Dilemma vornehmlich daran fest, dass die Instrumentierung unpro-
portioniert sei und daher wenig klangliche Differenzierung zulasse:
„Das liegt wesentlich an der absurden Disposition des Streichkörpers. 12—16 Geigen, meist
als eine Stimme behandelt (also erste und zweite unisono), 2—3 Bratschen, 2—3 Celli, 2
Kontrabässe werden im Durchschnitt, selbstverständlich mit Ausnahmen, verwandt. Die
Disproportion zwischen tiefen und höheren Instrumenten schließt deutliche Mehrstim-
migkeit im Streicherapparat vorweg aus und verführt zum ,Schmieren' mit bloßen Füll-
stimmen. Eine ähnliche Disproportion besteht zwischen Holz und Blech. 4 Hörner, 3
Trompeten, 2 oder 3 Posaunen und Baßtuba stehen häufig gegen 2 Flöten, allerdings 3
Klarinetten (die meist die Streicher verdoppeln), 1 Oboe (seltener 2), alternierend mit
Englisch Hörn, oft nur 1 Fagott. Schon im Konzert- oder Opernorchester ist das Baßpro-
blem nicht befriedigend gelöst; das Studioorchester ignoriert es."47
45 Richard Strauss: Instrumentationslehre. Edition Peters. Frankfurt/M., 1986. Im Vorwort.
46 Theodor W.Adorno und Hanns Eisler: Komposition für Jen Film. S. 90/91.
47 Theodor W.Adorno und Hanns Eisler: Komposition für Jen Film. S. 90/91.
Der Filmkomponist Max Steiner
1888 - 1971
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Der Filmkomponist Max Steiner
- Untertitel
- 1888 - 1971
- Autor
- Peter Wegele
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 302
- Schlagwörter
- Film Music, Biography, Cinema, Musical science, Musicology, History of Music
- Kategorie
- Biographien