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1.2. Fümmusiktechnik f$
„A composer in writing his Symphonie works, can develop his thematic material to the
füllest extent of the message he wishes to express ... his themes can be worked out in their
original entirety without being subjeeted to cutting ... This limitation upon the composer
writing for the screen ... has, of necessity, compelled me to use the Leitmotif technique
which Richard Wagner so successfully originated in his Nibelungen Ring."81
Helga de la Motte-Haber beschreibt die Leitmotive als universales Werkzeug, wobei in
Hollywoods Filmmusik ohnehin keine grundlegende Unterscheidung zwischen themati-
schen und nicht-thematischen Passagen auszumachen sei:
„Die Unterscheidung von Thema und nicht-thematischen Partien ist in Hollywoods
Symphonik aufgehoben. Denn ohne Zweifel besitzen deren Leitmotive die Prägnanz von
Themen. Sie sind nicht bloß Beiwerk. Aber sie sind in sich variabel disponiert, ohne feste
Ordnung. Sie lösen damit auch die kompositorischen Normen auf. Es ist eine Musik, die
sich montieren lässt, zugleich aber dem Hörer unauffällig ins Ohr geht, weil sie sich doch
noch soweit wie möglich seinen Hörgewohnheiten anpaßt."82
Diese universale Einsetzbarkeit könnte auch als Beliebigkeit ausgelegt werden. So hat
die Leitmotivtechnik nicht nur Befürworter. Sie ist von Hanns Eisler und Theodor W
Adorno beispielsweise als dem Film nicht adäquat kritisiert worden. Sie sei nichts wei-
ter als ein Ausdruck der kompositorischen Einfallslosigkeit, ein anzeigendes, triviales
akustisches Label. Helga de la Motte-Haber vertritt die Meinung, dass die Vielzahl und
Komplexität der Leitmotive Steiners das Publikum schlicht überforderten — bei Gone
With The Wind gibt es über zehn verschiedene Leitmotive — und dass die Musik ins Leere
ginge, weil sie vom Publikum nicht erfasst werde.83
Es gibt eine Reihe von wissenschaftlichen Studien, in denen untersucht wurde, inwie-
weit die Zuhörer in der Lage sind, sich die Leitmotive zu merken und auch nach diver-
sen Permutationen noch zuzuordnen. Claudia Bullerjahn beschreibt zwei dieser Studien.
Einmal wurden den Probanden drei Leitmotive aus Wagners Ring in ihren diversen Aus-
formungen vorgespielt. In einem anderen Versuch ging es um das Erkennen von The-
men aus Franz Liszts h-Moll-Sonate. In der Bewertung der beiden Studien ist sie sich
nicht endgültig schlüssig, denn auch musikalische Laien waren in der Lage, die Themen
zuzuordnen, wenn auch nach mehr Wiederholungen. Allerdings tendiert sie zu der Aus-
81 Zit. in: Katryn Kalinak, 1992. S. 105.
82 Zit. in: Claudia Bullerjahn: Grundlagen der Wirkung von Filmmusik. 2001. S. 91.
83 Vgl. Bullerjahn, 2001. S. 91-93.
Der Filmkomponist Max Steiner
1888 - 1971
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Der Filmkomponist Max Steiner
- Untertitel
- 1888 - 1971
- Autor
- Peter Wegele
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 302
- Schlagwörter
- Film Music, Biography, Cinema, Musical science, Musicology, History of Music
- Kategorie
- Biographien