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172 3- Casablanca
und das filmische Geschehen streben gemeinsam dem Höhepunkt zu. Bühnenmusik
wird zur Filmmusik und dann wieder Bühnenmusik. In der Szene vor der Halle sieht
man ein Plakat, das Bernard Herrmann (1911—1975) als Dirigenten für diesen Abend an-
kündigt. Herrmann ist der Komponist der Filmmusik für diesen Film. So spielt Hitch-
cock doppelt mit der filmischen und musikalischen Realität. Auf kunstvolle Weise
werden diegetische und nicht-diegetische Musik miteinander verschmolzen. Übrigens
dirigiert Herrmann hier keine eigene Musik, sondern die Kantate Storni Clouds von Ar-
thur Benjamin (1893—1960). Benjamin hatte diese Kantate für seine Filmmusik der ersten
Version des Films (1934, Regie ebenfalls Alfred Hitchcock) geschrieben.
Aber auch Max Steiner verwendete oftmals beide Musiktypen nebeneinander. So
nennt denn der Autor Bill Whitaker in einem Covertext für eine CD aus dem Jahr 2000
mit Steiners Musik zu den Filmen The Son OfKong und The Most Dangerous Game die
kunstvolle Verquickung von source music und underscoring „Casablanca technique", die
für spätere Filmmusiken Modellcharakter habe.
Sämtliche Musik in Casablanca, die im Nachtclub auf der Bühne gespielt wird,
ebenso die Klavier- und Gesangseinlagen von Sam sind diegetisch, da sie von den Ak-
teuren offensichtlich gehört wird und sie in die Handlung eingebaut ist. Die Musik, die
Max Steiner komponiert hat und die von Hugo Friedhofer orchestriert wurde, ist nicht-
diegetisch.
Der Reiz für den Produzenten liegt eben in der Mischung aus beiden. Hai Wallis ging
bei seiner Musikplanung zu Casablanca sehr detailliert vor. Es sollten die modernsten
Schlager dieser Zeit im Nightclub zu hören sein, so z. B. Perßdia oder Avalon. Zusätz-
lich wurden M.K Jerome (eigentl. Maurice Jerome, 1893—1977) als Komponist und Jack
Scholl (1903—1988) als Texter engagiert, um zusätzlich noch zwei zeitgemäße Songs kom-
ponieren zu lassen. Von den beiden Songs, die sie Wallis anboten, schaffte es einer, näm-
lich Knock on Wood, in den Film, der andere, Dat what's Noah Done fiel dem Schnitt zum
Opfer.
Hai Wallis hat, lange bevor sich der Komponist Max Steiner an die Arbeit machte,
in seinem music plot vom 21. Mai (siehe Kap. 3.1) genaue Angaben gemacht, wo diege-
tic bzw. source music zu hören sein sollte und wo die Musik später komponiert werden
sollte. An einigen Stellen des Films wird von diegetic in nondiegetic music übergeleitet.
Dies hat praktische Gründe.
Der Filmkomponist Max Steiner
1888 - 1971
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Der Filmkomponist Max Steiner
- Untertitel
- 1888 - 1971
- Autor
- Peter Wegele
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 302
- Schlagwörter
- Film Music, Biography, Cinema, Musical science, Musicology, History of Music
- Kategorie
- Biographien