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(2020)Anna
Riegler | Die urbane Zeichenlandschaft
Aktivistische Raumaneignung
Organisationen, Vereine, Gruppierungen und Indivi-
duen nutzen den öffentlichen Raum, um Passant*in-
nen auf ihre Botschaften aufmerksam zu machen. Die
Einschreibungen in den Stadttext werden zur Mobili-
sierung für gesellschaftsrelevante bzw. -kritische The-
men genutzt. Sehr häufig wird dafür auf das Medium
Sticker zurückgegriffen, um vielfältige Botschaften
zu verbreiten. Kristian6 hat während seiner Studien-
zeit für eine politische Organisation gestickert. Für
die häufige Nutzung des Mediums Sticker für akti-
vistische Motive führt er zwei Gründe an. Einerseits
kann diese Form kostengünstig, einfach und schnell
genutzt werden, und andererseits ist die Gefahr einer
Bestrafung im Gegensatz zum Sprayen recht gering7.
Im Grazer Stadttext finden sich Botschaften zu unter-
schiedlichen Thematiken, beispielsweise Positionen,
die sich gegen Rassismus, Faschismus oder unter-
schiedlichste Arten der Diskriminierung wenden.
Außerdem werden die zunehmende Überwachung
sowie die kapitalistische Gesellschaftsordnung kritisch
kommentiert. Auch viele Vereine und Organisationen,
die sich für Umwelt-, Tierschutz oder die Einhaltung
der Menschenrechte einsetzen, weisen auf ihre Ziele
und Initiativen hin.
Neben allgemein gesellschaftsrelevanten Themen
werden auch kritische Stellungnahmen zur nationalen
und lokalen Regierung sowie zu aktuellen politischen
Maßnahmen in den Stadttext eingeschrieben. Lokal-
politische Themen, die in den 2010er Jahren in Graz behandelt werden, sind das Murkraftwerk,
die hohe Feinstaubbelastung, Graz als ,,Verbotshauptstadt“ sowie die Politik der Grazer Stadt-
regierung.
Symbolische Raumaneignung
Graffiti-Writer*innen sowie lokale Fußballvereine und politische Organisationen schreiben sich
in den Stadttext ein, um im öffentlichen Raum präsent zu sein. Dabei wird häufig auch die
Wahrnehmung der Akteur*innen des öffentlichen Raumes als ,,Territorium“ sowie eine mehr
oder weniger kompetitive Motivation sichtbar.
Anna Waclawek bezeichnet Graffiti-Writing bzw. Signatur-Graffiti als die Praxis, Buch-
staben, Namen bzw. Pseudonyme mit Sprühfarbe oder anderen Materialien auf städtische
6 Die Namen der Interviewten wurden in dieser Arbeit anonymisiert.
7 Vgl. Interview mit Kristian, 09.08.2018.
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Band 1/2020
The Journal
- Titel
- >mcs_lab>
- Untertitel
- Mobile Culture Studies
- Band
- 1/2020
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 108
- Kategorien
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal