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Mobile Culture Studies | >mcs_lab> 1 (2020)
Anna Riegler | Die urbane Zeichenlandschaft 63
Außenflächen zu schreiben. Sie unterscheidet drei Formen: Tags, Throw-Ups und Pieces. Tags
sind die früheste und elementarste Form des Graffitis. Darunter wird die ,,schnell ausgeführte,
einfarbige Wiedergabe des Namens eines Writers“ verstanden8. Der Fokus bei dieser Form liegt
auf der Omnipräsenz im städtischen Raum. Bekanntheit in der Szene mit Tags wird mittels
Quantität erreicht. Throw-Ups sind größere, mehrfarbige und komplexer gestaltete Tags. Auch
hier spielt die Quantität eine große Rolle.9 Pieces sind ,,große, farbenprächtige, kunstvolle und
stilistisch anspruchsvolle Arbeiten“10. Buchstaben werden dabei häufig mit figürlichen Dar-
stellungen kombiniert. Die Gestaltung dieser Arbeiten ist mit einem größeren Zeitaufwand
verbunden und wird in der Subkultur nach Qualität und technischem Können beurteilt.11
Die Motivation der Akteur*innen ist vielfältig und hat nichts mit vorsätzlichem Vandalis-
mus zu tun. Auch wenn das Erreichen von Bekanntheit – von Fame – innerhalb der Subkultur
häufig ein Motiv darstellt, verdeutlicht Georg, dass dies nicht immer die Hauptmotivation der
Graffiti-Writer*innen ist. Georg begann in seiner Jugend mit dem illegalen Graffitisprühen.
Nachdem er und seine Crew von der Polizei erwischt wurden, gab er sein Hobby für mehrere
Jahre auf. Erst später begann er schließlich, an legalen Flächen und Auftragsarbeiten zu sprü-
hen. Für Georg standen immer der Spaß am Sprayen sowie die begleitenden Gefühle im Vor-
dergrund. Er beschreibt das illegale Sprayen als Nervenkitzel und verweist auf das ,,kribbelnde
Gefühl“, wenn das Werk vollendet ist. Auch die Gruppe und das Gruppenerlebnis spielten für
ihn eine wichtige Rolle.12
Im Weiteren nehmen soziale Gruppen, wie Fußballfans oder Mitglieder politischer Orga-
nisationen, den Raum für sich ein. Sie markieren und verteidigen Territorien. Am Beispiel von
Fangruppen der lokalen Fußballvereine GAK und SK Sturm kann man diese Dynamiken gut
beobachten. Die Fanclubs der beiden Fußballvereine markieren ,,ihre“ Räume und liefern sich
dabei visuelle Straßenkämpfe, indem sie die Markierungen der anderen überschreiben sowie
überkleben und damit die Inanspruchnahme des Gebietes in Frage stellen. Die Akteur*in-
nen markieren vor allem die Umgebung der Fußballstadien und der jeweiligen Clubhäuser
sowie Stammlokale der Fans. Während die Fanclubs des GAK vor allem den Bezirk Andritz
8 Anna Waclawek: Graffiti und Street Art. London 2011, S. 14.
9 Vgl. ebda., S. 14ff.
10 Ebda., S. 18
11 Vgl. ebda.
12 Vgl. Interview mit Georg, 17.10.2018.
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Band 1/2020
The Journal
- Titel
- >mcs_lab>
- Untertitel
- Mobile Culture Studies
- Band
- 1/2020
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 108
- Kategorien
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal