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(2020)Hannah
Konrad | Critical Mass
Marie (25 Jahre), die die Critical Mass bisher einmal begleitete, es toll findet, einmal zu den
Stärkeren im Straßenverkehr zu gehören, und der Meinung ist, dass die Lebensqualität in Graz
massiv ansteigen würde, wenn weniger Autos in die Stadt kämen.
Die sechs Personen geben recht ähnliche Gründe für ihre Teilnahme bei der Critical Mass
an. Vor allem Anna betont den Spaß und das Gemeinschaftsgefühl, in der Gruppe zu fahren,
sowie die Möglichkeit, nette Leute kennenzulernen. Außerdem gefällt es ihr, die Straße wäh-
rend der Fahrt für sich beanspruchen zu dürfen:
„(…) man fühlt sich so stark in der Gruppe. (…) Ich darf da jetzt mitten auf der Straße
fahren und es ist völlig normal. (…) Ich darf ins Parkhaus reinfahren, es ist völlig normal.
Ich darf beschimpft werden von Autofahrern, es ist überhaupt nicht schlimm, weil man ist
eine Gruppe. Ich finde, das ist ein ziemlich cooles Format.“8
Häufig wird betont, dass durch die Critical Mass eine Bewusstseinsveränderung der Auto-
fahrer*innen angestrebt wird. Die meisten der Akteur*innen fahren in ihrem Alltag häufig
Rad, weshalb ihnen das Thema wichtig ist. So auch Laura, die erklärt:
„Radfahren ist mir wichtig. Ich fahre in Graz eigentlich immer mit dem Rad. Auto habe
ich keines, bräuchte ich auch nicht.“9
Alex bemerkt, dass ihm gefällt, mit der Critical Mass eine Form der Selbstermächtigung
praktizieren zu können. Er ist der Meinung, dass die Aktion dazu ermutigt, auch in anderen
Bereichen des Lebens friedliche Aneignungen vorzunehmen, was er für bewusstseinsbildend
hält:
„Ich würde es einmal als Selbstermächtigung bezeichnen. Die Leute, die mitfahren, neh-
men sich den Platz und nehmen sich die Straße und das mit Selbstverständlichkeit. Das ist
eine Methode, die man ja anderweitig auch ein wenig einsetzen könnte. Friedlich Dinge
selbst aneignen. Ich halte das schon (…) für bewusstseinsbildend, wenn Leute mitfahren
und einmal sehen: Ok, das geht auch.“10
Emil ist der Meinung, dass Autos in der Stadt nicht notwendig sind, und möchte die Straße
zurückerobern:
„Ich nehme an der Critical Mass teil, um mir die Straße zurückzuerobern. Um den Leuten
zu zeigen, dass man eigentlich nur als Masse auf die Straße gehen muss und man hat die
Straße wieder. Wir sind ja die Stadt, wir können sie auch gestalten oder die Straßen zurück-
erobern (…) und man sieht eigentlich immer einmal im Monat, wie leicht das geht.11
Emma befriedigt durch die Teilnahme an der Critical Mass ihr Bedürfnis, laut zu werden:
„Weil ich daran teilhaben will, dass man aufmerksam macht. Ich sehe da so einen Aktivismus
8 Interview mit Anna, 02.08.18.
9 Interview mit Laura, 07.01.18.
10 Interview mit Alex, 04.09.18.
11 Interview mit Emil, 01.08.18.
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Band 1/2020
The Journal
- Titel
- >mcs_lab>
- Untertitel
- Mobile Culture Studies
- Band
- 1/2020
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 108
- Kategorien
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal