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(2020)Christine
Fürst | Die Wiener „Mahü“ rund um die Uhr
„Mahü“, so nennen die Wienerinnen und Wiener liebevoll ihre Mariahilfer Straße, was nicht
zuletzt auch ein Gefühl der Zugehörigkeit signalisieren soll. Erst im Jahr 1897 erhielt nach
mehrfachen Umbenennungen die Mariahilferstraße ihren Namen nach der einstigen Vorstadt
Mariahilf.1 Berechtigt scheint nun die Frage, warum sie „Mahü“ und nicht „Mahi“ genannt
wird. Eine Erklärung mag sein, dass in der Wiener Alltagssprache, anstatt „Maria hilf“, „Maria
hülf“ gesagt wird, oder sollte diese Kurzform doch dem aus dem frühen 19. Jahrhundert
stammenden Relief mit der Bitte „Maria hülf“ über der Eingangspforte der Wallfahrtskirche
Mariahilf zu verdanken sein?
In der vorliegenden Forschungsskizze,
die auf einer von März bis Oktober 2018
durchgeführten Feldforschung beruht,
werden die durch die Neugestaltung
der „Inneren“ Wiener Mariahilferstraße
geschaffenen neuen öffentlichen Orte mit
ihren vorherrschenden Atmosphären und
soziokulturellen Akteuren näher betrach-
tet. Die Fragen, welche öffentlichen Räume
von den Wienerinnen und den Wienern
vermisst werden, was sie bei der Umgestal-
tung anders gemacht hätten oder was sie in
Bezug auf ihre „Mahü“ berührt hat, wird
ebenfalls thematisiert. Zur Veranschauli-
chung wird der Versuch unternommen, die
sich verändernden Raumatmosphären im
Rahmen eines Tagesablaufs darzustellen.
Die Straße als Ort und öffentlicher Raum
Theresia Schütz, die sich mit Raumforschung beschäftigende Architektin, schreibt:
„Straßen nehmen wir als Weg und als Ort in einem wahr. Es sind bewegte Räume und
Räume der Bewegung. Die Straße bildet einen Raum im Dazwischen. Als Durchzugs- und
Verbindungsraum dient uns die Straße als eine Strecke in Form von räumlicher und zeit-
licher Distanz zwischen zumindest zwei definierten Stationen.“2
Der französische Philosoph Jean-Luc Nancy betont, dass über die topologische Perspek-
tive des urbanen Ortes hinausgehend, auf der Straße Begegnung stattfinde: eine Begegnung
zwischen dem Subjekt und seiner Umwelt.3 Dem fügt die sich mit Stadt- und Raumsozio-
logie befassende Publizistin Birgit Szepanski hinzu, dass die Begegnung zum Kontakt mit
der Umwelt werde, weil der Raum gleichermaßen visuell, auditiv und taktil erfasst werde.
1 Vgl. zur Namensgebung: www.geschichtewiki.wien.gv.at/Mariahilfer_Stra%C3%9Fe (Zugriff 02.02.1019).
2 Theresia Schütz: Auf DER Straße gehen/ Auf DIE Straße gehen. In: dérive. Zeitschrift für Stadtforschung. Nr.
50 (Jänner-März 2013). Wien 2013, S. 37-44, hier S. 38.
3 Vgl. Jean-Luc Nancy zit. n. Birgit Szepanski: Erzählte Stadt – Der urbane Raum bei Janet Cardiff und Jeff Wall.
Bielefeld 2017, S. 11.
Abb. 1: Wallfahrtskirche Mariahilf
Quelle: Christine Fürst, 2018
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Mobile Culture Studies, Band 1/2020
The Journal
- Titel
- >mcs_lab>
- Untertitel
- Mobile Culture Studies
- Band
- 1/2020
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 108
- Kategorien
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal