Seite - 105 - in >mcs_lab> - Mobile Culture Studies, Band 1/2020
Bild der Seite - 105 -
Text der Seite - 105 -
Mobile Culture Studies | >mcs_lab> 1 (2020)
Daniela Sobocan | „Parklets“ in Wien 105
Interviewpartners, 2018 ein Parklet einzurichten, liegt in der Überwindung der Schwellen zwi-
schen drinnen und draußen. Die offene Tür erweitert die Galerie nach außen und das Parklet
schafft die Möglichkeit, mit Leuten in Kontakt zu treten und eine Kommunikationszone zu
eröffnen. Eine gute Erfahrung mit der Parkplatz-Installation ist die positive Bestätigung durch
AnwohnerInnen. Das Parklet bietet Kindern die Möglichkeit, draußen zu spielen. Ein älterer
Herr, der im Haus wohnt, nutzt das Parklet für eine kleine Ruhepause, bevor er die Stiegen
in dem Haus ohne Lift hochgeht. Auch die Arbeiter der nahegelegenen Baustellen nutzen das
Parklet zu Mittag oder trinken dort nach Feierabend noch ein Bier. Es gibt auch negative
Erfahrungen: oft wird Müll zurückgelassen wie leere Dosen und Zigarettenstummel. Es treten
Parkschäden auf und einmal fuhr sogar jemand mit dem Auto ins Parklet und hat dabei ein
Hochbeet umgefahren, aber dann auch wieder aufgestellt.
Die an diese Parklet-Installation geknüpfte Absicht ist es aufzuzeigen, dass eine Stadt für
ihre BewohnerInnen Begrünung und Aufenthaltsmöglichkeiten draußen zur Belebung des
öffentlichen Raumes benötigt sowie Orte, an denen eigene Ideen und damit auch ein Mitspra-
cherecht an der Gestaltung der Stadt umgesetzt werden können.
Parklets – Kunst, politische Aktionsform oder stadtgestalterische Maßnahme?
Bei den geschilderten Beispielen zeigt sich, dass die Nutzung der Parklets sehr stark davon
abhängt, über welche Erfahrungen und Ambitionen die AkteurInnen verfügen. Die meisten
InitiatorInnen konnten ihren beruflichen oder ehrenamtlichen Hintergrund für ihr Parklet
einbringen, wie der Migrationsverein, der ein Sprachencafé unterhält, oder das Kunstatelier, das
die Gestaltung einer Künstlerin überlassen konnte, oder der Nachbarschaftsverein, der Gemein-
schaftsaktivitäten wie öffentliche Frühstücke veranstaltet, oder auch das Büro für nachhaltige
Stadtentwicklung, das den partizipatorischen Ansatz aus seiner Arbeit weiterverfolgen konnte.
Welche Nutzungen dort vorkommen, hängt also nicht nur von den AnwohnerInnen und
Vorbeigehenden ab, sondern auch von dem Wissen der Initiatoren, denn wie Allan Pred fest-
hält, stehen Wissen und Tun in einem Zusammenhang miteinander und sind entscheidend
dafür, welche Handlungen denkbar und umsetzbar sind.23 Gleiches gilt auch für die Standort-
frage. Die Parklets sind in Wien ungleichmäßig verteilt: Die meisten gibt es im zweiten, siebten
und achtzehnten Bezirk. Im ersten, elften, zwölften und dreizehnten Bezirk sowie in den äuße-
ren Bezirken gibt es hingegen noch keine Parklets.
Judith Laister und Anna Lipphardt zufolge verläuft Partizipation in den verschiedenen
Vierteln einer Stadt auf unterschiedliche Weise. Sie basiert auf der je quartiersbezogenen Kultur
bürgerschaftlichen Engagements und wird von diversen politisch Beteiligten und Projekten vor
Ort geformt.24 Gleichzeitig entscheidet die örtliche Situation, welche Anliegen Vorrang haben,
also ob es in einem Ort zu wenig Grünflächen gibt, zu wenig Sitzplätze oder zu wenig Aus-
tausch und auf der Straße verweilende Menschen.
Die Parklets haben in San Francisco als künstlerische Intervention begonnen und nach
diesem Vorbild wurden die Parklets von der Stadt Wien als Möglichkeit zur Aufwertung der
23 Vgl. Allan Pred: Place as Historically Contingent Process: Structuration and the Time- Geography of Becoming
Places. In: Annals of the Association of American Geographers, Vol. 74, 2 (1984), S. 279-297, S. 285.
24 Vgl. Judith Laister, Anna Lipphardt: pARTiCI[TY]pate?! Negotiating the City at the Intersection of Art,
Research and Urban Politics. In: Anthropological Journal of European Cultures, Vol. 24, 2 (2015), S. 3-15, S. 6.
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Band 1/2020
The Journal
- Titel
- >mcs_lab>
- Untertitel
- Mobile Culture Studies
- Band
- 1/2020
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 108
- Kategorien
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal