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Mobile Culture Studies. The Journal 1 2015
Ursula Feldkamp | Seereiseerfahrungen in zwei Bordtagebüchern des 19. Jahrhunderts 59
ihrer Ankunft in Amerika in die heimat zurückgeschickt. Das Bordtagebuch der Schreibers
wurde publiziert, während das handschriftliche Original der Aufzeichnungen der caroline von
Aschen zur Sammlung des Deutschen Schiffahrtsmuseums gehört.
Atlantikreisen und internationale Kommunikation 1800 bis 1850
Die ersten nennenswerten handelsbeziehungen zwischen Amerika und den deutschen han-
sestädten Bremen und hamburg ergaben sich zwischen 1795 und 1799, im Verlauf der kriege-
rischen Auseinandersetzungen zwischen England und frankreich, in die später auch holland
und Spanien hineingezogen wurden. hamburg und Bremen erlangten durch ihren neutralen
Status eine wichtige Position, die eine erste wirtschaftliche Blüte dieser hansestädte nach dem
Niedergang der hanse herbeiführte. So kamen 1799 aus den Vereinigten Staaten 72 Schiffe
nach Bremen, davon allein 36 aus Baltimore, und dies, obwohl wegen der Kriegssituation auch
handelsschiffe jederzeit mit Überfällen von Kaperern und Kontrollen durch die kriegführen-
den Parteien rechnen mussten. Segelschiffe nach Übersee waren noch bis weit ins 19. Jahrhun-
dert hinein bewaffnet.
Nachrichten konnten um die Mitte des 19. Jahrhunderts nur über kurze Strecken übermit-
telt werden, denn erst am Ende des 19. Jahrhunderts führte die Telegrafie zur globalen Vernet-
zung, entsprechend schleppend kamen Informationen aus Deutschland in Amerika an. Eine
Atlantikreise mit einem Segelschiff dauerte sechs, oft aber auch acht bis zehn Wochen oder
gar länger. caroline von Aschen berichtet in ihrem Tagebuch über eine Reise, die 22 Wochen
dauerte. (104) 1 Sie selbst bekam z. B. nach einem halben Jahr erstmals Post aus der heimat.
Diese Kommunikationshindernisse sind die Ursache für die Existenz von Bordtagebüchern,
die nach dem Ende der Reise an die familien in die heimat zurückgeschickt wurden. Die
Schilderungen der Autoren zeigen beispielhaft, wie sie bei der Übermittlung ihrer Briefe auf
Schiffskapitäne und andere „Postboten“ diesseits und jenseits des Atlantiks vertrauen mussten.
Da es wegen der langen Dauer des Briefverkehrs nicht möglich war, mit den Angehörigen
per Brief in einen Dialog zu treten, hatte sich eine eigene Kommunikationsform entwickelt, die
vor allem in Bordtagebüchern zu finden ist. Ihre Autoren berichten nicht nur über Ereignisse
1 Diese und folgende Ziffern bezeichnen die Seiten einer Transkription des Tagebuchs am DSM, Sign. 82-1824.
FAbb. 1. Längsschnitt eines Auswandererseglers
Mobile Culture Studies
The Journal, Band 1/2015
- Titel
- Mobile Culture Studies
- Untertitel
- The Journal
- Band
- 1/2015
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 216
- Kategorien
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal