Seite - 68 - in Mobile Culture Studies - The Journal, Band 1/2015

68 Mobile Culture Studies. The Journal 1 2015 Ursula Feldkamp | Seereiseerfahrungen in zwei Bordtagebüchern des 19. Jahrhunderts nicht zu denken. Dort soll man doch nach Aussage unserer Brüder für die Zukunft arbei- ten können, so daß man doch wenigstens das Alter sorgenfrey heran nahen sehen kann. Dies bewog uns unsere Vaterstadt zu verlaßen, auf dieses vage Streben zu einer sicheren Existenz gaben die Eltern, in das Unvermeidliche sich fügend, von ganzem herzen ihren Segen, und von diesem geleitet treten wir unter dem Schutze des höchsten unsere Reise an.“ (18) Die Lebensverhältnisse der Schreibers in Quakenbrück waren in der Tat bescheiden. Der Vater der Geschwister, conrad Ludwig Schreiber, war Kaufmann in Quakenbrück und hatte dort 1813 Anna Elise Schmidt geheiratet. Seit 1842 betätigte er sich nebenberuflich auch als Versicherungsagent. In Quakenbrück wohnten die Schreibers im Auswanderungsjahr in einem haus mit zehn anderen Mietparteien zusammen. charlotte und Ludwig wurden in Amerika von zwei Brüdern erwartet, die ihre Ankunft in Moorefield, etwa 200 km von Baltimore entfernt, vorbereitet hatten. Julius Schreiber war bereits 1844 als Pionier der familie ausgewandert. 300 Reichstaler Startkapital hatte der damals 23-jäh- rige Kaufmann dabei. Zwei Jahre später folgte ihm der Bruder carl, von Beruf Pharmazeut, mit 100 Reichstalern Startkapital. Der 26-jährige Ludwig war, wie sein ältester Bruder, Kaufmann, seine Schwester charlotte war bereits 37 Jahre alt und – vermutlich wegen ihrer Mittellosigkeit – unverheiratet geblieben, doch scheint sie nicht erwerbstätig gewesen zu sein, und auch ihre daheimgebliebene zwei Jahre jüngere Schwester Elise verdiente weder Geld noch war sie verhei- Abb 3. Doppelseite aus dem Bordtagebuch der Schreibers (mit Handschriften von Ludwig und Charlotte Schreiber)