Seite - 70 - in Mobile Culture Studies - The Journal, Band 1/2015

70 Mobile Culture Studies. The Journal 1 2015 Ursula Feldkamp | Seereiseerfahrungen in zwei Bordtagebüchern des 19. Jahrhunderts stellungen der Schreibers von Szenen mit den armen Auswanderern an Deck deutlich eine wertende Distanzierung von diesen Menschen auf, deren Ursachen in der Vergewisserung des eigenen Status zu suchen sind, wie später noch ausgeführt wird. Das bunte, lebendige Bild, dass die Geschwister vom Treiben der Emigranten an Deck entwerfen, enthält dennoch viele Infor- mationen, beispielsweise über den Alltag eines Kapitäns, die nur aus solchen Selbstzeugnissen zu erhalten sind. Das Original des Bordtagebuchs befand sich bei Eingang der Kopie 1991 am DSM bei henry L. Madderom in Montebello, Kalifornien, dessen genealogische forschungen hier mit einfließen. Die Reise der Schreibers Zur Vermeidung schmerzvoller Abschiedsszenen verließen die Schreibers Quakenbrück am 11. August 1852 heimlich. Sie ließen sich in einem „Wagen“ aus der Stadt bringen und stiegen später erst in den „Omnibus“, die Postkutsche, nach Bremen um. Dort kamen sie bei einem Vetter unter, der in Bremen ein Packhaus betrieb. Dieser buchte beim Schiffsmakler Stisser für die Auswanderer die Reise auf dem Vollschiff „Goethe“, das der Reederei Wätjen in Bremen gehörte und mit 250 Kommerzlasten seinerzeit zu den großen Segelschiffen zählte. Es war 35,4 m lang, 9,0 m breit und 5,8 m tief. Zum Vergleich: Die „Batavia“ war ein dreimastiger Segler von nur Abb 5. Auf dem Bremer Vollschiff »Mobile«, hier auf einem Ölgemälde von Carl Fedeler von 1859, reisten bis zu 700 Personen. Quelle: Deutsches Schiffahrtsmuseum Bremerhaven