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Mobile Culture Studies The Journal
Mobile Culture Studies - The Journal, Band 1/2015
Seite - 120 -
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120 Mobile Culture Studies. The Journal 1 2o15 Elisabeth Janik | Reiseerfahrungen polnischer MigrantInnen für den Autor dieser Erinnerungen wurde das Schiff zu einem solchen Erinnerungsort. Diesen Erinnerungsort füllte er mit Wehmut und dem Erinnern an Polen. Diese Schilderungen müssen jedoch vor dem Kontext ihrer Entstehungszeit gelesen werden. Meist wurden sie etwa 10 oder 20 Jahre später, also bereits nach der Ankunft in Südamerika verfasst. Die recht lange Zeitspanne konnte dazu führen, dass einige Erlebnisse und Empfindungen verklärt wurden. Die mehrfache Betonung der so genannten polskość sollte sicherlich auch ein positives Signal nach Polen senden. Dadurch betonten sie nicht ihre Verbundenheit mit polnischen Nationen, sondern auch mit der polnischen Kultur sowie der polnischen Sprache in der Diaspora. Zusammenfassung Das Preisausschreiben des IGS für Pamiętniki war sehr erfolgreich. Die extrem hohe Zahl der Einsendungen hat deutlich gemacht, wie groß das Bedürfnis der Migrantinnen und Mig- ranten war, ihre Erlebnisse niederzuschreiben. Das Preisausschreiben bot nicht nur den vielen in der Diaspora lebenden Polinnen und Polen die Möglichkeit, ihre individuelle Migrations- geschichte zu erzählen, sondern auch das ISG profitierte von den zahlreichen Informationen. Die sehr gewissenhaft geschriebenen Erinnerungen waren eine reichhaltige Quelle für die vom IGS gewünschten Angaben zu sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in den polnischen Teilungsgebieten. Der Erfolg der Pamiętniki mag auch darin begründet liegen, dass Migrantinnen und Migranten die Möglichkeiten bekamen, ihre persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen einem breiten polnischen Publikum zu präsentieren und dadurch auch Teil einer internationalen pol- nischen community oder besser gesagt ein Teil der polnischen Nation im Ausland zu sein. Die angeführten Textauszüge haben gezeigt, dass die Zugehörigkeit zu Polen für alle Autoren ein zentrales Motiv war. Die Bindung an das „Vaterland“ war, wenn man so weit gehen mag, vielleicht auch Voraussetzung für die Autoren, ihre Erinnerungen niederzuschreiben. Mit dem Zusammenbruch der drei großen Monarchien Mitteleuropas – der hohenzollern, der habsburger und Romanows – 1918, der zur Gründung der Zweiten Polnischen Republik (II. Rzeczpospolita) führte, ging auch ein rasch wachsender polnischer Nationalismus einher. Die Nation wurde, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern, für viele Polinnen und Polen im In- und Ausland zum identitätsstiftenden Moment. Vor diesem hintergrund müssen auch die Erinnerungen der Auswanderinnen und Auswanderer aus Brasilien gelesen werden. Die Überquerung des Ozeans war für viele Auswanderinnen und Auswanderer ein beson- deres Ereignis. für viele von ihnen symbolisierte dies den endgültigen Abschied von ihrer hei- mat, da sie an eine Rückwanderung nicht gedacht hatten. Einige der Erinnerungen haben deutlich gemacht, dass mit dem Auslaufen des Schiffes aus einem europäischen hafen das Reflektieren über das Auswandern und das Sich-Bewusstwerden der eigenen gegenwärtigen Situation einsetzte. Die mehrwöchige Überfahrt rief bei den meisten Auswanderinnen und Auswanderern auch zahlreiche Ängste und Sorgen hervor. Aus den Erinnerungen erfahren wir, dass die Pas- sagiere der dritten Klasse große Angst vor Gewittern und heftigen Stürmen hatten. folgt man den Beschreibungen der Autoren, dann waren einige der Verzweiflung nahe. Das Schiff wurde für die Dauer der Überfahrt für die Passagiere zu einer Art von Gefängnis, aus dem sie ohne weiteres nicht heraus kamen. Die Abgeschlossenheit des Schiffes, wie sie Goffman beschreibt,
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Mobile Culture Studies The Journal, Band 1/2015
Titel
Mobile Culture Studies
Untertitel
The Journal
Band
1/2015
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Ort
Graz
Datum
2015
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
216
Kategorien
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