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Mobile Culture Studies The Journal
Mobile Culture Studies - The Journal, Band 1/2015
Seite - 149 -
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Mobile Culture Studies.The Journal 1 2o15 David Jünger | Die Schiffspassage deutscher Juden nach Palästina 149 dreißiger Jahre zu verzeichnen. Von 1936 an lässt sich gar von einer regelrechten Reisewelle sprechen. Der Zentralausschuss für Hilfe und Aufbau, die Dachorganisation für die jüdische Wohlfahrt, nannte in seinem Arbeitsbericht 1937 die Zahl von 400 bis 500 Reiseanträgen, die monatlich beim Palästinaamt eingingen. Um den Ansturm bewältigen zu können, richtete das Amt daraufhin sogar eine Touristikabteilung ein und bot „zehntägige Informationsrundreisen durch das Land“ an. 5 Die deutschen Behörden genehmigten derartige Reisen für gewöhnlich, wenn die Antragsteller versicherten, sie zur Vorbereitung der eigenen Ausreise nutzen zu wollen. Das Verfahren war jedoch kompliziert und die finanzierung bereitete größere Probleme, da bei einem solchen Reisezweck lediglich ein freibetrag von zehn Reichsmark mitgeführt werden durfte.6 Auch wenn die Auswanderungsvorbereitung der offizielle Reisegrund war, verfolgten die Reisenden häufig jedoch ganz andere Ziele. Während die einen den Trip durchaus als konkrete Vorbereitung ihrer angestrebten Auswanderung nutzen wollten, suchten andere zunächst ein- mal das Potential des Landes zu erkunden. Eine dritte Gruppe wiederum verfolgte lediglich das Ziel, die Verwandten zu besuchen sowie Land und Leute kennenzulernen. Auch wenn somit die jeweilige Motivation der Reise sehr verschieden sein konnte, war die Erfahrung des Übergangs jedoch ein verbindendes Element. In der Konstellation der Überfahrt vom nationalsozialistischen Deutschland ins britische Mandatsgebiet Palästina verschränkten sich derart viele Übergangsprozesse, dass sich die Reisenden einer tieferer Reflexionen über deren Bedeutung kaum entziehen konnten. Die Schiffsreise schien in einem Zwischenraum und einer Zwischenzeit zu liegen: zwischen individueller sowie jüdisch-kollektiver Vergan- genheit und Zukunft, zwischen Europa und Asien, zwischen Okzident und Orient, zwischen Liberalismus und Nationalismus, zwischen gestern und morgen. Die Schiffspassage als solche war dabei die Übergangserfahrung in Reinform, die die Reisenden in den Bann der Reflexion schlug. Diese Erfahrung zu analysieren, oder die Reisen selbst in den Blick zu nehmen, ist bisher kaum versucht worden. Meist enden historische Erzählungen mit der Abfahrt, dem Verlassen des Alten oder sie beginnen mit der Ankunft, dem Beginn des Neuen. Das Dazwischen hin- gegen bleibt häufig nebulös. Nicht selten endet ein Kapitel mit der Abfahrt im hafen, um das folgende Kapitel mit der Ankunft am neuen Ort beginnen zu lassen. Insbesondere die Palästi- nareisen, die als Urlaubsreisen mit einer Rückkehr ins nationalsozialistische Deutschland ver- bunden waren, scheinen sich dem historischen Verständnis zu entziehen. Es gibt einige wenige Arbeiten, die sich mit jüdischen Reisenden und ihren Reisen beschäftigten, dabei jedoch eine größere Zeitspanne umfassen oder allgemeine fragen verhandeln. 7 Nur wenige Arbeiten jünge- 5 Arbeitsbericht des Zentralausschusses für Hilfe und Aufbau bei der Reichsvertretung der Juden in Deutschland für das Jahr 1936, 29. 6 cohn, heinz, und Erich Gottfeld. 1938. Auswanderungs-Vorschriften für Juden in Deutschland (Berlin: Jastrow), 11–14. 7 Roemer, Nils. 2009. ‘Jewish Traveling cultures and the competing Visions of Modernity’, Central European History 42(3), 429–449; Marzano, Arturo. 2013. ‘Visiting British Palestine: Zionist Travelers to Eretz Israel’, quest. Issues in Contem- porary Jewish History 4(6), 174–200; Kaiser, Wolf. 1992. Palästina – Erez Israel. Deutschsprachige Reisebe- schreibungen jüdischer Autoren von der Jahrhundertwende bis zum Zweiten Weltkrieg (hildesheim/Zürich/ New York: Georg Olms Verlag); Kaiser, Wolf. 1992. ‘The Zionist Project in the Palestine Travel Writings of German-speaking Jews’, Leo Baeck
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Mobile Culture Studies The Journal, Band 1/2015
Titel
Mobile Culture Studies
Untertitel
The Journal
Band
1/2015
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Ort
Graz
Datum
2015
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
216
Kategorien
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