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Mobile Culture Studies The Journal
Mobile Culture Studies - The Journal, Band 1/2015
Seite - 154 -
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154 Mobile Culture Studies. The Journal 1 2o15 David Jünger | Die Schiffspassage deutscher Juden nach Palästina beherrschte. Die chaluzim sagten, daß sie glaubten, daß das Material wieder besser würde, weil die Schlechten abspringen. hoffentlich haben sie recht. Ich fühle mich unter diesen Menschen, die die Zukunft unseres Volkes gewährleisten, am wohlsten.“ 24 Während er wiederholt die jugendlichen Pioniere aus den hachschara-Lagern in höchsten Tönen lobte, waren ihm andere Mitreisende suspekt. Besonders seine Beschreibungen der ost- europäischen Juden, die auf dem Schiff reisten, sind dahingehend aufschlussreich. Wie so viele andere deutsche Zionisten verehrte er das osteuropäische Judentum aufgrund seiner Spiritua- lität und seines Volksbewusstseins. An früheren Stellen des Tagebuchs schreibt er beispiels- weise von seinem Neid auf die „Ostjuden, […] wie fest sie im Judentum verankert sind“25, und von seiner Relektüre Schalom Aschs, die ihn bewegte: „Schalom Asch: Trost des Volkes, die Geschichte vom Sabbathjuden mit größter Bewegung zu Ende gelesen. Diese tiefe Religiosität des Ostjuden bringen wir kaum noch auf. Aber es müßte schön sein, so zu sein.“ 26 Diese Bewunderung war jedoch vor allem eine theoretische, die tatsächlichen Begegnun- gen waren ihm zumeist befremdlich. Bereits am zweiten Tag der Reise notierte er: „Ein Ostjude aus Antwerpen glaubte sich an uns deutschen Juden etwas abwischen zu können. Ich sagte ihm Bescheid.“ 27 Den hiatus zwischen Theorie und Praxis benannte cohn hier sogar selbst: „Wenn man auch die Ostjuden theoretisch liebt, man kann praktisch nicht mit ihnen auskom- men, es fehlen eben die elementarsten zivilisatorischen Voraussetzungen.“ 28 Sicherlich kamen hier die typischen Ressentiments der deutschen gegenüber den osteuropäischen Juden zum Tragen.29 Entscheidender war jedoch, dass das Schiff als eine Art Bühne begriffen wurde, auf der die so unterschiedlichen jüdischen Menschen zusammentrafen, miteinander agierten oder sich grundsätzlich missverstanden. Das Leben auf dem Schiff war somit der Vorschein auf das zukünftige Leben des jüdischen Volkes. Bereits hier ließ sich ersehen, ob es das geben würde: den neuen jüdischen Menschen und das neue jüdische Volk. cohn hatte am Ende der Reise hieran seine Zweifel. Er notierte: „Starke Gegensätze zwischen Ost und West. Wo die Ostjuden den Westjuden eins aus- wischen können, dann tun sie es; sie dünken sich hoch erhaben! hier sind doch große Span- nungen, die sich im lebenden Geschlecht nicht werden überbrücken lassen, erst im nächsten. Gerade unsere chaluzim haben doch ganz anders um ihre Erneuerung kämpfen müssen.“ 30 Die Schiffspassage als Zwischenraum und Zwischenzeit Waren die jüdischen Reisenden in den ersten Tagen der fahrt noch von den verschiedenen Eindrücken des Schiffsalltags eingenommen, kamen sie schon bald innerlich zu Ruhe und hat- ten Gelegenheit, über die Reise und über sich selbst nachzudenken. Die Schiffspassage wurde 24 Eintrag vom 21. März 1937, in ebd., 388. 25 Eintrag vom 26. Juli 1934, in ebd., 140. 26 Eintrag vom 28. Juni 1935, in ebd., 248. 27 Eintrag vom 19. März 1937, in ebd., 387. 28 Ebd. 29 Aschheim, Steven E. 1981. Brothers and Strangers. The East European Jew in German and German Jewish Consciousness, 1800–1923 (Madison: Univ. of Wisconsin Press). 30 Eintrag vom 25. März 1937, in cohn, Kein Recht, nirgends, 391.
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Mobile Culture Studies The Journal, Band 1/2015
Titel
Mobile Culture Studies
Untertitel
The Journal
Band
1/2015
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Ort
Graz
Datum
2015
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
216
Kategorien
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