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Mobile Culture Studies The Journal
>mcs_lab> - Mobile Culture Studies, Band 2/2020
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72 Mobile Culture Studies. The Journal 6 2o20 (Travel) de Almeida, Müller, Wimplinger | Die Linke schaut nach Portugal produzierten und projizierten Filme, hauptsächlich Dokumentationen über revolutionäre Aktionen und didaktische Programme, und zeigten eine portugiesische Realität, wie sie der Estado Novo verdeckt hatte (vgl. Costa 2001: 2). Neben der Vielzahl portugiesischer Filme, die sich in den Jahren nach 1974 den politischen Umbrüchen annahmen und vom portugiesischen Fernsehen oder auch dem portugiesischen Filminstitut produziert wurden,19 galt die Nelkenrevolution gleichzeitig auch den militanten Filmemacher*innen außerhalb Portugals als ein Labor, ein Beobachtungsfeld linker Politik und eines radikalen Systemwandels. Von den diversen Landbesetzungen über die Beendigung der Kolonialkriege wie der Einmischung westlicher Regierungen für und gegen die Konterrevo- lution ist der filmische Außenblick durch eine Faszination vom revolutionären Prozess ohne physische Gewalt geprägt. Er ist aber auch als eine Solidaritätsbekundung, wie die Berichte in der Zeitschrift links, und als ein Mitwirken an einer bildpolitischen Überwindung des Salazar- Regimes zu verstehen. Im Zentrum des Interesses der Außenbetrachtungen seitens französi- scher, deutscher wie US-amerikanischer Filmemacher*innen stand, neben der Besonderheit eines linksgerichteten Militärputsches, insbesondere die Selbstorganisation der portugiesischen Bevölkerung, welche ihre Teilhabe an der Umstrukturierung des Landes, am Ende des Kolo- nialismus und dem historischen Bruch mit der am längsten bestehenden autoritären Diktatur Europas einforderte. In Frankreich griff unter anderen der Situationist und Filmemacher Guy Debord Portugal als Thema auf. Sein Film Réfutation de tous les jugements, tant élogieux qu‘hostiles, qui ont été jusqu‘ici portés sur le film ‚la société du spectacle‘ (FR 1977, R.: Guy Debord)20 verwendet die von ihm entwickelte Methode der filmischen Aneignung, das Détournement,21 um Bild- material aus Portugal der Jahre 1974 und 1975 in seinen Film zu integrieren. Debords Arbeit ver- bindet Found Footage mit einem Voiceover, das eine Reflexion über revolutionäre Prozesse in einer Gesellschaft des Spektakels wiedergibt, und ist ebenso als eine Antwort an Kritiker*innen von Debords 1973 erschienenem Film La Société du Spectacle (FR 1973, R.: Guy Debord) zu betrachten.22 Während Portugal in Debords Film trotz der Aktualität eher eine Randnotiz in der Aus- einandersetzung mit der Utopie des politischen Kinos bleibt, beschäftigen sich Daniel Edinger 19 Bspw.: As Armas e o Povo (PT 1975, R.: Manuel Costa e Silva/António da Cunha Telles et al.), A Lei de Terra (PT 1977, R.: Solveig Nordlund, Alberto Seixas Santos) oder auch Ocupação de Terras na Beira Baixa (PT 1975, R.: António de Macedo) (vgl. Costa 2011: 105–116). 20 Dt. Titel: Widerlegung aller Urteile, der lobenden wie der feindlichen, die bislang über den Film ‘Die Gesellschaft des Spektakels‘ abgegeben wurden. Online verfügbar: https://vimeo.com/143529416 [Entnahme: 3.2.2020] 21 Die eigentlich schon in den 1920er von den Surrealist*innen entworfene Methode der Entfremdung und Aneig- nung von Objekten außerhalb ihres Kontexts aktualisierten in den 1960ern die Situationist*innen. Hier ging es insbesondere darum, Propaganda, Werbung und die Kulturindustrie umzudrehen und sie so gegen sich selbst zu richten (vgl. Debord 2004: 29–50). 22 Die Situation Portugals nimmt Debord jedoch eher als Anlass, um über das politische Kino zu sprechen und ins- besondere mit der Bürokratie der Parteien und seinen Kritikern abzurechnen, welche er auch als eine Gefahr für die portugiesische Revolution betrachtet: „Es gibt Menschen, die verstehen, und andere, die nicht verstehen, dass der Klassenkampf in Portugal zuerst hauptsächlich dominiert wurde von der direkten Auseinandersetzung zwi- schen den in autonomen Bündnissen organisierten revolutionären Arbeitern und der stalinistischen Bürokratie, erweitert um Generäle auf der Flucht. Diejenigen, die das verstehen, sind die gleichen, die meinen Film verstehen können; und ich mache keine Filme für diejenigen, die das nicht verstehen können.“ (Debord 1977: 00:08:58)
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>mcs_lab> Mobile Culture Studies, Band 2/2020
The Journal
Titel
>mcs_lab>
Untertitel
Mobile Culture Studies
Band
2/2020
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Ort
Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY 4.0
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
270
Kategorien
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