Seite - 128 - in >mcs_lab> - Mobile Culture Studies, Band 2/2020
Bild der Seite - 128 -
Text der Seite - 128 -
128 Mobile Culture Studies. The Journal 6 2o20 (Travel)
Mirja Riggert | SelbstportrÀt mit Spiegelreflex
oder aber die Illusion einer Fiktion verstÀrken und ein Narrativ als ErzÀhlung authentisieren
(2007: 7). Zwischen diesen polar gesetzten Funktionspotentialen könnten MetaisierungsphÀ-
nomene unterschiedlichste Grade der Illusionsbrechung oder -förderung aufweisen. Wenn die
ErzĂ€hlillusion aufrechterhalten werde, ĂŒberwiege die Kommunikation zwischen ErzĂ€hlinstanz
und imaginiertem/r Adressat/in und es resultiere der âEindruck eines âdialogisierten Mono-
logesââ (Hauthal et al. 2007: 10). Diese Form des fiktionalisierten ZweiergesprĂ€chs wechselt
in den About Pages auf den vier Blogs mit SelbsterzÀhlungen; der Akt des ErzÀhlens stellt
einerseits die Kommunikation zwischen Sprecherin und User/innen ins Zentrum, andererseits
zeugen die Textelemente von einem Monolog. Die innertextliche Ebene zeigt also ebensolche
Unterschiede in der Illusionsförderung bzw. -brechung durch metanarrative Elemente wie die
innerbildliche Ebene.
Die Spannungen zwischen visueller und verbaler ReprĂ€sentation tragen fĂŒr Mitchell nicht
nur formal eine Bedeutung. Vielmehr seien die Differenzen zwischen Sprechen und Zeigen,
zwischen âHörensagenâ und Augenzeugenschaft, zwischen Sinnes- und Erfahrungsmodi und
Traditionen der ReprĂ€sentation auch von ideologischer und kulturpolitischer Bedeutung: âThe
basic contradictions of cultural politics and of âWord and Imageâ are mutually symptomatic of
deeply felt shifts in culture and representationâ (Mitchell 1994: 3). Kultur sei ebenso wie Politik
untrennbar mit Fragen der ReprÀsentation und Medialisierung verbunden, in denen es um
Ăngste um die ZentralitĂ€t und HomogenitĂ€t von Vorstellungen gehe oder um die Beeinflus-
sung der menschlichen Erfahrungsstruktur ĂŒber sich verĂ€ndernde Arten der ReprĂ€sentation
und Kommunikation.
Laut Foucault ist die Beziehung zwischen Text und Bild nicht final abschlieĂbar. Es gebe
keine eindeutige BedeutungsklÀrung, da das eine nicht Àquivalent durch das andere beschrie-
ben werden könne. Es gelte lediglich, die Unendlichkeit der Aufgabe zu erhalten, eine Bedeu-
tung zu determinieren (Foucault 1994: 9â10). Mitchell schreibt dazu: âFoucaultâs strategy of
holding open the gap between language and image allows the representation to be seen as a
dialectical field of forces, rather than a determinate âmessageâ or referential signâ (Mitchell 1994:
64â5). Wenn Bilder nur innerhalb ihrer diskursiven Rahmung auĂerhalb des Sprachlichen Sinn
erzeugten, dann stellten Metabilder mit ihrer doppelten (visuellen und sprachlichen) Stimme
genau diese jenseitige Diskrepanz zwischen Versprachlichung und Verbildlichung in Frage.
Indem Metabilder in ihrer Einbettung in den ReprÀsentationsdiskurs eine doppelte Beziehung
zwischen sprachlicher und visueller Erfahrung hervorriefen, offenbarten und hinterfragten sie
die Machtbeziehungen, die der Dialektik von Sichtbarem und Sagbarem, Sprechinstanz und
Betrachtetem zugrunde liegen (Mitchell 1994: 68).
FĂŒr Topping sind es gerade diese intermedialen Spannungsfelder, die eine allzu einseitige
Kulturbetrachtung in der ReisereprÀsentation durchbrechen. Es gehe nicht darum, eine wirk-
lichkeitsnahe Rekonstruktion der physischen Reiseerfahrung als wahrhaftiges Dort-gewesen-
sein zu suggerieren: âneither seamlessness nor symbiosis is the goalâ (Topping 2016: 86). Statt
einer kohĂ€rent-harmonischen ReiseerzĂ€hlung brauche man ein Störungsfeld (âsense of disrup-
tionâ, 2016: 86) im Reisenarrativ, wie es die Nebeneinanderstellung von Text und Bild mit
ihren unterschiedlichen intellektuellen und affektiven Anforderungen ermögliche. Diese LĂŒcke
zwischen Medialisierung und Unmittelbarkeit der Reiseerfahrung sei essentiell: âThe inter-
medial may facilitate an understanding of the world in a unified way, but there must also be a
>mcs_lab>
Mobile Culture Studies, Band 2/2020
The Journal
- Titel
- >mcs_lab>
- Untertitel
- Mobile Culture Studies
- Band
- 2/2020
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 270
- Kategorien
- Zeitschriften Mobile Culture Studies The Journal