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Das steierische Volk. 403
Kraft, und Allsdauer nicht. Sein Körperbau ist groß und schlank, die Ertre«
mitäten find mehr mager, die Waden wenig gerundet, das Schädelgewölbe er»
scheint zu beiden Seiten etwas zusammengedrükt, wodurch das Gesicht länglich wird.
Die Augm sind grau oder braun, die Haare braun oder sckwar;. Nase und Kinn
ragen gewöhnlich stark vor, das Gesicht ist blaß, und den Wangen fehlt die Run.
düng, woher das ganze Antli; einen minder freundlichen Ausdruk erhält. Die
Zähne sind vorzüglich schön, aber selten rein. In manchen Gegenden gibt es auch
ausgezeichnet schöne Körperfonnen.
d) Die Gemütsbesckaffenbeit der Wenden ist wesentlich von der
ihrer teutschen Landsleute verschieden. Sie sind zwar gutmütig, rechtsinnig und
tapfer, aber mehr mißtrauisch; es fehlt ihnen die Offenheit und Geradheit. Häufig
pflegen sie Mißtrauen und Hintergedanken durch übertriebene Freundlichkeit und
Ergebenheitbezeugungen zu verhüllen. Diese Schattenseite wird aber wieder durch
viele andere ausgezeichnete Eigenschaften aufgewogen. Der Wende ist genügsam,
mit seinem Schiksale zufrieden, gesellig und sehr gastfrei. Er liebt Musik
und Gesang. Seine Fröhlichkeit ist mehr heftig und tumultuarifch als innig,
und wird meistens durch Wein erzeugt. Der Gesang klingt in der Regel melan»
cholisch und in Moll» Tönen. Sollte diese Eigenheit noch eine Erinnerung
an die Jahrhunderte lange Sklaverei sein, unter welcher dies arme Volk geselcht,
und die ihm einst nur gestattet hat die Freuden in rascher Schnelligkeit zu ge»
nießen, und ein Klagelied zur wehemütigen Herzerleichterung zu singen?
o) Mit Geistesanlagen sind die Slaven von der Natur gut und
mitunter vorzüglich bedacht; auch sind viele ausgezeichnete Männer aus unseren
Slaven hervorgegangen.
ä) Bezüglich des Charakters sind unsere windischen Landsleute zur ü l»
haltend und nachgiebig. Klug und schlau winden sie sich die schwierigsten Ver«
hältniffe hiedurch um ihren Zwek zu erreichen, während der feste und offene Teutsche,
Schleich- und Umwege verschmähend, gerade auf fein Ziel losstürmt, und solches
wol auch erreicht, falls er nicht früher an unbesiegbaren Hindernissen den Kopf
zerfchellt. Diese zurükbaltende Klugheit, dieses schlaue Nachgeben und Anschmie-
gen an ihre einstigen barbarischen Nnterdrüker mag Ursache gewesen sein, daß sie
sich länger als ein Jahrtausend unter allen Anstürmungen wilder Völker in den
Gebieten der Dräu und Sau, welche schuzlos den feindlichen Anfällen zunächst
offen lagen, ununterbrochen behauptet haben.
3 . D i e Fremden
Unter den Fremden werden nicht nur die aus fremden Ländem zugereisten,
sondern überhaupt ftemdländige Personen verstanden, welche weder einer Gemeinde
des Landes, noch dem k. k. Militär angehören.
») Die Akklimatisirung der Fremden aus verschiedenen Ländern ge,
schiebt bei dem gesunden Klima des Landes sehr leicht; ja die meisten der-
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen