Seite - 118 - in Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark

448 Lebensart. wird in drei Malzeiten reichlich und langsam gegessen, und zur Zeit der Feldar- beiten noch eine Vor- und Nachmittag-Jause gegeben. Wo Obftmost fehlt, ist das gewöhnliche Getränk frisches Wasser, welches erst nach dem Essen genommen wird. Wo aus der Breiselbeere (Vaooiniuin vitis iäao»), der Vogel« und der Schwarzbeere Branntwein erzeugt wird, dient leider auch dieser zum allgemeinen Getränk. d) Im Graz er Kreise geben ebenfalls die Milch- und Mehlspeisen die Hauptnahrung, aber nicht so übermäßig geschmalzen, wie im Oberlande; Fleisch wird hier unter der Woche selten, und nur bei Gelegenheit schwerer Feldarbeiten, immer aber an Sonn- und Feiertagen, in der Regel geselcht, aufgetischt. Dieser einfacheren Kost habm die Bauem des Grazer-Kreises zum Teile ihre größere Wolhabe nheit zu danken, da sie viel Schmalz und Spek selbst nach Obersteier verkaufen, und ein ge» mästetes Rind lieber dem Fleischer geben, als zu Hause verzehren. Nebrigens ist die Kost noch immer schmakhaft zubereitet, und genüglich. Der Mais gibt die Haupwahnmg durch dm sogenannten türkischen S t e r z, welcher ent- weder mit Spek (Haket), Rindschmal; oder Kürbisöl geschmalzen, oder mit Milch, Rahm- oder Schwammsuppe begossen wird, dann durch das als Abendkoft gewöhnlich mit Milch bereitete türkische Koch. Wo der Haiden gedeiht, ist auch Haiden« sterz üblich. In den westlichen Gebirgsgegenden sind die fettgeschmalzenen Magen nudeln (mit Mohn bestreuter Pudding) und der neunhäutige Niegel sehr beliebt; der Ofenkater (Mehl mit Milch abgerührt und im Ofen gebaken) ist eine nn'ttelneierische Nazionalspeise. Da im Grazer-Kreise viel Obstmost erzeugt wird, so ist dieser auch ein allgemeines Getränk, so baß in manchen Häusem dem Waffer sehr wenig zuge- sprochen wird. Auch der leichtere (von den Bauern erzeugte) Wein wird oft als Jausen, trunk gegeben. 4) Das Familienleben ist durchaus patriarchalisch, und inniger als es erscheint. Die Ehm werde» gewöhnlich nach Interessen, selten nach Neigung geschloffen; desungeacktet sind unfriedliche Ehen selten. Die Eheleute schlafen ge- wöhnlich mit ihren jüngsten Kindern zusammen. Ganz kleine Kinder werden sehr häufig aus der Wiege ins Bett genommen, und daher nicht selten erdrükt. Wo die Kinder nicht Gelegenbeit habm die Schule zu besuchen, werden sie oft sehr frühzeitig zu schweren Arbeiten angehalten. Aermere Leute, wmn sie auf die Arbeit gehen, pflegen ihre klemm Kinder manchmal zu Haufe einzusperren, wodurch schon vielerlei Nnglüke geschehen sind. Morgens wird in der Regel früh (im Sommer oft vor 4 Uhr^aufgeftanden und zur Arbeit gegangen, um 6 oder 7 Uhr gefrühstükt, und Abends zeitlich das Bett ge- sucht. Bei Tisch versammeln sich alle Glieder der Familie, so wie die Dimstleute. Der Hausvater betet das Tischgebet vor, worauf jeder feinen Plaz einnimmt. Die Bäuerin immer am Rand einer Bank, weil sie oft zum Herde gehm muß. Gegessen wird langsam, was für die Verdauung besonders zuträglich ist. Die vielen Dienstboten, zumal in den Gebirgsgegenden, erzeugen immer viele uneheliche Kinder, welche in der Familie mit den Kindem des Bauers