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422 Lebensart.
ärmeren nur 2 Malzeiten zu halten, und sich Mittags mit Brot und Trunk zu begnügen.
Jause ist nur bei besonders schweren Arbeiten üblich. Fleisch wird an Werttagen
äußerst selten, und selbst an Sonn- und gewöhnlichen Feiertagen nur in mehr wolha»
benden Gegenden genossen. In manchen ärmeren Partien pflegt man die zu Weih»
nachten geschlachteten Schweine bis zum Neujahr aufzuzehren, indem sich die Nachbarn
im Hause, wo geschlachtet wurde, zum Schweinfest (Xoieäina) versammeln, und so
waker darauf los essen, daß oft kein Stük Fleisch zum Selchen, und wenig Fett zum
Schmalzm der Sveisen im künftigen Jahre übrig bleibt, wozu die Aermsten manchmal
sogar das Salz entbehren müssen.
Eine Ektra-Nazionalspeise sind die Boganzen (Vo^ause Wdanss),
eine Art gebalener Strudel mit Topfen und sauerem Rahm. Vei Marburg sind auch
die Vudizen (Lnäi-e), ein Kuchen mit Honig, süßem Rahm und Eiern, sehr beliebt. In
den Tal« und Hügelgegenden, wo bäufig Indianen, Hühner, mitunter auch Enten und
Gänse gezüchtet werden, gibt dieses Geflügel an Festtagen den beliebtesten Vraten. Als
Getränk dient in den Gebirgsgegenden das frische Quellwaffer, mitunter Obst-
most und leichter Wein, selten Branntwein; in den Partien der Weinhügel aber wird
viel Wein getrunken, welchem die Nindischen besonders zugetan sind, so daß die Vauern
den Wein, welchen sie selbst erzeugen, sehr häufig auch selbst konsumiren.
4) Das Familienlebenist auch beim windischen Landvolle noch größtenteils
patriarchalisch, scheint aber minder innig und gemütlich zu sein, als bei den Teutschen,
obwol diese ihre Ehen ebenfalls größtenteils nach Konvenienz schließen, wie ihre
slavischen Nachbarn. In manchen armen Gegenden gehen die Kinder in oen günsti-
gen Jahreszeiten, beinahe bis sie schulfähig werden, ganz nakt herum. Der Mißbrauch,
kleine Kinder aus dm Wiegen, wo sie übermäßig geschaukelt werden, in das Vett zu
nemen, herrscht allgemein, daher Erdrükungen nicht selten sind. Die größeren Kinder
schlafen auf den Banken hemm. Selten werden die Kinder frühzeitig zur Arbeit an-
gestrengt, da sich die Eltern selbst nicht übermäßig zu bemühen pflegen, und vor einge-
nommenem Frühstük nicht zur Arbeit gehen. Vor und nach dem Essen wird immer ge-
meinschaftlich gebetet.
Obwol der Slave dem Teutschen an Sittlichkeit nicht vorangeht, so ist doch die
Zal der unehelichen Geburten im Marburger-Kreise auffallend geringer als in Ober-
steier. Daran dürfte der Umstand Ursache sein, daß bei den kleinen windischen Be-
sizungen sehr wenig Dienstboten beschäftiget sind, während diese in Oberfteier
die größere ZalderBevölkerung bilden. Vorzeitige Uebergaben der kleinen
windifchen Wirtschaften an die Söhne, um sie vom Militär zu befreien, warm früher
sehr bäufig. Dies hatte meistens üble Folgen. Die Schwiegertochter brachte oft Unfrie-
den ins Haus, was kaum anders zu erwarten war, wmn der kleine Grund zwei Fa-
milien nährm sollte, von welchem kaum eine genüglich leben kann. Für die Zukunft
hat das neue Rekrutirunggesez diesen Nebelständen vorgebmgt.
5) Besondere Volksgewobnheiten bemerkt man fast nur im Punkte
des Essens und Trinkens bei gewissen Gelegmheiten, wie bei Hochzeiten, Tauf-
und Todtenmalm, wo gewöhnlich überm ässig, und bei Hochzeiten oft eine ganze
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen