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428 Kröpf.
an den südlichen Gebirgen des Marburger-Kreises, ist verkümmertes Wachstum eben-
falls keine seltme Erscheinung. Man pflegte diese Verkümmerung, weil sie in kr»
tinischen und besonders in solchen Gegenden, wo die Kröpfe gedeihen, am häufig-
sten vorkommen, bisher immer zum Kretisnismus zu rechnen, mit welchem sie aber
nichts gemein hat, als daß unter solchen Zwergen sich mitunter auch kretinartige
und kropfige befinden.
Ueber die Ursachen solcher Nerzwergung ist man noch viel zu sehr im
Dunkeln, als daß bezüglich der Verhütung oder Verbesserung dieses Nebels
etwas Grundhältiges gesagt werden könnte.
« Der endemische Kröpf.
Wir finden die Verunstaltung des Halses durch Anschwellung oder Entartung
der Schilddrüsen nicht nur in vielen Gebirgsgegenden, ohne Unterschied der geogno-
stischen Verhältnisse derselben, sondern auch in manchen Hügel- und Talpartien un-
seres Landes. Sie kommen vor in den verschiedenartigsten Formen, vom Neinm ver-
härteten Stekkropf bis zur größten fieischartigen Wucherung, von unbedeutenden
Ziftenkörnchen bis zu Zistenkugeln von der Größe eines Kindskopfes.
Ueber die Ursachen des Kropfes ist schon sehr viel geschrieben, aber das Dunkel
noch sehr wenig gelichtet worden. Die Hauptursache suchte man von jeher im
Quellwaffer. Einige klagen dm Gehalt desselben an Kalk, Magnesie, Tonerde an;
allein wir finden Kröpft in großer Anzal und Mächtigkeit auch im quarzigen Ur«
gebirge, wo kaum Spuren von Kalk oder Ton vorhanden find. Näher dürften
Jene der Wahrheit kommen, welche die vorzüglichste Ursache in der Kälte des Quell-
wassers suchen, welches auf den Gebirgen oft nur eine Temperatur von 3—6" l i .
hat. Der geistteiche Verfasser der Aquarellbilder aus Obersteier (im Aufmerk-
samen 4856 Nr. 440) hält dm Kröpf für eine Folge von Verkühlungen, die
von innm und außen auf die Schilddrüse wirken, und stellt ihn mit dm häu-
figen chronischen Katarrhen des Kehlkopfes und der Luftröhre in ähnlichen Zusammm-
hang, wie der Milzkuchen zum Werelfieber steht. Wmn wir dies in Vezug auf
Obersteier zugeben, so bleiben doch die mitunter sehr ansehnlichen Kropfgruppen in
Unterfteier, wo eine mildere Luft herrscht, Verkühlungen nicht so allgemein sind,
und seltm eine Quelle von einer niedreren Temperatur als 7" It. gefunden wird, noch
immer ohne Erklärung. Nebrigens ist es Tatsache, daß junge Burschen, um sich
vom Militärdienste zu schüzen, Quellen aussuchen, welche man für kropferzeugend
hält, überhaupt viel kaltes und hartes Wasser trmkm, dabei Butter und fette Speism
genießen, und dadurch wirklich eine Vergrößerung der Schilddrüsen erzielen, welche
aber in wenigm Wochen wieder almälig verschwindet. Es unterliegt übrigms
keinem Zweifel, daß der Kröpf auch angeboren wird. Der Verfasser felbst hat bei
gerichtlichen Obdukzionm an Neugebornen die Schilddrüse manchmal kropfartig ver-
größert gefunden; überhaupt zeigen sich Kröpfe oft bei sehr kleinen Kindern, obwol
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen