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Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
Seite - 136 -
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43s Kretinismus. ein mächtiger Hemmschuh des Fortschrittes der kretinischen Anlage. Es ist Tatsache, daß die kretinische Anlage, wenigstens der höhere Grad derselben, seit Einführung vieler Eeelsorgstationen und Schulen in den erwähnten Gebirgsgegenden durch Kaiser Josef H. sehr merklich abgenommen hat. Die glänzendsten Erfolge zur Verhütung und Tilgung der kretinischen Anlage müßten die Turn- und militärischen Ererzir-Nebungen haben, wenn man sie durch ausgediente Unteroffiziere, welche überall zu finden sind, ausführen lassen und mit dem Schulunterrichte ver» binden wollte. An Aerzten mangelt es in den Gebirgsgegenden leider noch sehr; auch ist man wenig gewohnt, ihre Hilfe oder Nelebrung zu suchen, hält sich ge- wöhnlich an die Afterärzte, wendet oft selbst die unfinnigsten abergläubischen Mittel an, verwahrloset die kranken Kinder vorzüglich, und scheint hin und wieder sogar zu glauben, daß die Kinderkrankheiten nicht in das Bereich der ärztlichen Kunst gehören. Die fünfte Maßregel wäre die Verbesserung der Generazion; denn die kretinische Anlage vererbt sich, so wie viele andere Gebrechen, sehr häufig von den Eltem auf die Kinder, und es bewährt sich auch hier der Ausspruch des Evangeliums: „Man sammelt nicht Trauben von Dornen und nicht Feigen von Disteln." Die Gebirgbewohner heiraten untereinander ohne Rüksicht auf eine ewaige lretinische Anlage, ihre Kinder bringen in der Regel diese Anlage mit zur Welt, und es kommt nur selten vor, daß Kinder gesunder Eltern mit dieser Anlage ge- boren werden. Wie kann hierin abgeholfen werden? Ein Werel der Bevölkerung ist nicht ausführbar; der Gebirgbewolmer klebt auch zu fehr an seiner Scholle und verfällt in einer anderen Gegend leicht in Heimweh; der Tal« oder Hügelbewohner zieht nur ungern in eine Gebirgsgegend; Heiraten zwischen diesen und den Gebirg- bewohnern sind selten. Wollte man die Heiraten zwischen Leutm von kretinischen Anlagen verbieten, so würde das klägliche Resultat bald in der Vermehrung der ohnedies bedeutenden Zal unehelicher Geburten und in noch größerer Verkümmerung und Abname der Bevölkerung sichtbar werden. Die Verbesserung der Generazion dürfte daher nur in geringem Maßstabe, und zwar in folgender Art auszuführen sein: l>.) durch die oben angedeutete Verhütung oder Milderung der kretinischen Anlage; d) durch mögliche Kreuzung der Eben zwischen den Gebirg-, Tal- und Hügel- bewohnern, wozu bereits durch die in Folge der zunemenden Eisen-Industrie herbei- gezogenen fremden Berg- und Eisenarbeiter in Obersteier eine bessere Gelegenheit gegeben ist. Viel könnte o) eine zwekmäßige Mil i tär-Einrichtung zur Ver- besserung dieses Menschenschlages beitragen, wenn auch die minder tauglichen jungen Männer, z. N. mit ganz leichten Kröpfen. Plattfüßen, hoben Schultern u. dergl. Behaftete, zum Militär assentirt, durch Ererziren in günstigen Gegenden körperlich regulirt, und bei sich ergebender Gelegenheit einer Verehelichung ohne Anstand wieder in ihre Heimat entlassen würden, während die gegenwärtige Rekrutirungart nur die ganz tadellosen Leute wegnimmt, welche nach der 8jährigen Kapitulazion sehr häufig nicht wieder zurütkehren, und die Fortpf lanzung der Bevölkerung dm daheim gebliebenen Gebrechlichen überlassen.
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Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
Titel
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
Autor
Mathias Macher
Verlag
Ferstl'sche Buchhandlung
Ort
Graz
Datum
1860
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.91 x 20.62 cm
Seiten
632
Schlagwörter
Topographie, Kartografie, Statistik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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