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Nervenfieber. Ich behandelte solche Epidemien in den Gegenden von Nidem
und Kostreiniz (1824), bei Reichenburg und Lichtenwald (4827), bei Kapellen an
der kroatischen Gränze (1828), in Ratten undRettcnegg (4837), in Talberg (1839).
in M a u (1841). Sie wurden häufig als tiföse Fieber angesehen, und streiften
manchmal, wie in Talberg, wirklich an den gastrischen oder Abdominal-Tifus. Im
Sommer gesellen sich biliöse Simptome dazu, und bilden eine Art Gallenfieber,
welches in den tiefer liegenden Gegenden vorzukonnnen pfiegt. In der Behandlung
war ich am glüklichsten, wo es mir gelang, ohne wirksame Medikamente ein geregeltes
diätetisches Verhalten zu erzielen.
3) Die Ruhr erscheint im Spätsommer, und dauert oft bis in den Spät«
herbst, gewöhnlich 2 bis 3 Monate. Sie ist nur im Unterlande beimisch, und kommt
im Nruk er-Kreise sporadisch sebr selten und epidemisch vielleicht gar nie vor.
Nur im Mürztal zeigte sie sich vor dem Jahre 1852 einigemal unbedeutend, und
in Et. Michael bei Leoben im Jahre 1854 mit beschränkter Ausbreiwng und ge-
ringer Intensität — wahrscheinlich durch Anstekung vom Bezirk Fronleiten aus
übertragen, wo sie, wie in mehrm Gegenden des Grazer-Kreises. epidemisch herrschte.
Im Unterlande tritt die Ruhr beinahe jährlich und oft in mehren Orten
zugleich epidemisch auf. Verkühlungen in kalten Abenden und> Nächten nach
heißen Tagen dürften hiezu die Hauptveranlaffung geben. Vei den leichten Klei-
dungen der Windischen und ihrer Gewohnheit, im Sommer, wenig bedekt, in offenen
Scheuem zu schlafen, sind solche Verkühlungen beinahe unausweichlich. Die her-
gebrachte Meinung, daß die Ruhr durch schlechte Kost und den Genuß unreifen Obstes
verursacht werde, hat sich nirgends bestätiget, obwol die durch Verkühlungen ent-
standenen Ruhrepidemien durch solche Einflüsse offenbar verschlimmert werden. Die
Hauptursache der Ausbreitung der Ruhrepidemien ist die Anstekung — denn
diese Krankheit wird in ihrer höheren Entwiklung immer kontagiös. Ich habe im
Verlaufe der letzten 36 Jahre eine bedeutende Anzal von Ruhrepidemien in den
Bezirken Marburg, Rann. Drachenburg, Lichtenwald und Zilli (in dm lezteren zwei
Bezirken im Jahre 1825 mit mehr als 1000 Kranken), dann in mehren Bezirken
der Täler der Eaven, Lafniz, Feistriz und Lasni; behandelt, und dabei zwar meistens
die originele Entstehung durch Verkühlung, aber auch die Ausbreitung durch An-
stekung, welche gewöhnlich von Haus zu Haus geschah, nachgewiesen. Die Anste«
lung schien in der Regel durch die Exkremente und durch Ausdünstung stattzufinden.
Als veranlassende Ursachen des Ausbniches der Ruhr nach wahrscheinlich geschehener
Anstckung konnten häufig Verkühlungen oder Diätfehler bezeichnet werden. Vei der
Behandlung dieser Epidemien sah ich besonders auf Reinlichkeit, Vermeidung jeder
Verkühlung, und Verhütung der Anstekung durch schnelles Entfernen der Erkremente
aus den Stuben und abseitiges Vergraben derselben in Mist. Die Kranken er-
hielten bei unreiner Zunge ein Brechmittel ans Ipekakuanha, wodurch die Krank-
heit nicht selten geradezu abgeschnitten wurde, darauf, wenn die Entzündungsimptome
nicht auffallend waren, ein Ealepdekokt mit 10—20 Gran Rhabarber oder einer
gleichen Menge Abführfalz, dann Rizinusöl mit Suppe, oder in einer Oelmixtur,
vr. Mach»'« med. Topografit. 40
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen