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«fterärzte. 494
Während die wolbabenden Ortschaften und Gegenden daran oft Neberstuß
haben, leiden ärmere, besonders Gebirgsgegenden, wie schon früher bemerkt wurde,
empfindlichen Mangel. Diese ungleiche Verteilung des Sanität-Personales, welches
auch im Ganzen nicht zureichend ist, dann die Vorurteile des Landvolkes so wie
vieler Gebildeten, sind die Hauptursache, daß so viele Afteräfzte im Lande ihr
Unwesen treiben.
A f t e r - A e r z t e
männlichen und weiblichen Geschlechtes sind im ganzen Lande, zumal in dm Ge»
birgsgegenden, zalreich verbreitet. Abgesehen von den Hebammen. Notmüttern
und Afterhebammen, von welchen die meisten etwas Kurpfuscherei treiben, und
und solche auch mitunter gewerbmäßig ausüben, dann den Schröpfern aus dem
Bade Krapina, welche außer der Badezeit auch an den Bewohnern der Bezirke
Pettau und Robitsch im Blutabzapfen sich üben. wurden in den lezten amtlichen Aus-
weisen im Kreise Bruk 22 Männer und 5 Weiber, im Kreise Gra; 28 Männer
und 12 Weiber, im Kreise Marburg 6 Männer und 4 Weiber, zusammen 56
Männer und 21 Weiber als Asterärzte von Profession bezeichnet. Darunter
sind 7 Wasenmeister und Wasenmeisterinen.
In der Regel sind die Afterärzte zuerst sogenannte Beinbruchärzte.
In allen Gebirgsgegenden kommen häufige Knochenbrüche. Verstauchungen. Kon«
tufionen u. dgl. in Folge gefährlicher Arbeiten, zumal in Wäldern vor. Bei dem
großen Mangel an Aerzten und Wundärzten in solchen armen, unwirtlichen Gegen-
den wurden derlei Verlezungen von jeher durch Landleute, welche sich dazu für
fähig ausgaben, verbunden, und unter vielartiger Mißhandlung zur Heilung ge-
bracht. Diese Vauernärzte versuchen sich auch bald in Anwendung anderer Heil«
mittel bei verschiedenen Krankheiten, und ihr durch Unwissenheit. Vorurteil und
Charlanterie getragener Ruf dringt sogar in die Hauptstadt. Tausende von dum»
mm und leichtgläubigen Menschen werden von denselben um Geld und Gesundheit
betrogen; selbst viele sogenannt Gebildete lassen sich in den groben Nezen dieser Leute
fangen. Man sollte glauben, solche Knochenärzte seien wenigstens durch vieljährige Nebung
in Einrichtung gebrochener Knochm und im Verbinden geschikt. allein die Erfahrung zeigt
das Gegenteil, was bei dem Mangel aller anatomischen Kenntnisse derselben wol erklärlich
ist. Ihre Versuche, gebrochene Knochen gehörig einzurichten, gelingen äußerst selten, die
Verbände sind sehr roh und ungeschikt angelegt, so daß das Glied manchmal vom
Brande ergriffen wird. — wie mir erst jüngst ein zur gerichtsärztlichen Untersuchung
gebrachter Fall vorkam, in welchen ein solcher Künstler den einfach gebrochenen Vorder-
arm eines Knaben fo fest einschnürte, daß die brandig gewordene Hand nach 8 Tagen
abfiel. Möchten doch die leichtgläubigen Landleute dm Stumpf dieses Verkrüpeltm
als Warnungzeichm beachten! Statt der Anwendung der Kälte bei frischen Kno-
chmbrüchm und schweren Kontusionen sah ich sogar warme Breiumschläge auf die oer«
lezte Stelle legen. Die Heilbestrebungen der Natur werden fortwährend durch Pfla-
ster und Salben gestört, und diese Schlauköpfe verstehen es vortrefflich, einfache
Verrenkungen, Quetschungen und Erschütterungen als Knochenbrüche darzustellen, schein«
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen