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336 Hauptstadt Graz. Volksleben.
wässern lassen. Einige Weinhändler haben es versucht, leichte ungarische Weine
einzuführen, sie mit Obftmost zu mischen, mit Schwarzbeermost (aus den Veeren
des Vaocinium m^rtillu») und anderen Färbestoffen rötlich zu färben, und dem An«
sehen nach in den beliebten steierischen Schilcher zu verwandeln; allein es fehlte
diesem Pantsch die eigentümliche Qualität des Schilcher und er fand wenig Lieb.
Haber. Guter, alter Oestreicher und andere ausgezeichnete fremde Weine werdm
gewöhnlich nur bei besonderen Gelegenheiten aufgesezt. Eigentliche Weinverfäl-
schungen mit gesundheitwidrigen Stoffen kommen nicht vor. Vier wird ebenfalls
in bedeutender Menge konsumirt, ist beinahe durchgehends tadellos und zum Teile
ausgezeichnet; nur die seichten Keller in den niederen Teilen der Stadt machen der
Güte des Vieres im Sommer oft einigen Eintrag.
4) Die Nahrung der Kinder ist in der Regel ganz zwelmäßig. In den
.ersten Monaten erhalten sie gewöhnlich, wenn sie der Mutterbrust entbehren müssen,
nur gewässerte Milch: dann wird etwas Zwiebak, Himmeltau (?ainenm 8auAui-
n«,1e, Bluthirse. Schwaden), Weizengries u. dgl. eingekocht, und nach einem Jahre
almälig zur stärkeren Nahrung übergegangen. Dabei gedeihen die Kleinen recht
gut, und werden selten skrofulös. Schlechte Nahrung der Kinder, besonders der
schwerverdauliche Mehlpapp. „das Kinds koch," kommt nur ausnamweise vor, und
wo dies der Fall ist, werden die Kinder auch gewöhnlich überschoppt, und Ekro»
feln wie auch andere Siechheiten sind die Folgen davon.
3) Die Preise der Lebensmittel waren früher sehr billig. Noch im Jahre
1843 kostete das Pfund, Rindfleisch nur 8 kr.; seit einigen Jahren ist es über
42 kr. (bis 23 Nkr.) gestiegen. Derselbe Fall ist mit den Wohnungen, deren
frühere Iahresmiete für ein Zimmer 20 bis 50 fi. betrug, jezt aber auf 40
bis 400 fi. gesteigert wurde, so daß gegenwärtig in Graz nicht mehr viel billiger
zu leben ist als in den Hauptstädten anderer Kronländer.
6) Lebensweise überhaupt. Die Grazer uuterscheiden sich in ihrer
Lebensweise wenig von den Bewohnern anderer größeren Städte der Monarchie.
Die Mehrzal hält sich an die oben bezeichnete schmakhafte Hausmannskost. Die
Zubereitung ist einfach und reinlich. Im Mittelstande wird das zrühstük Mor-
gens bis 8 Uhr, das Mittagmal um 12 Uhr. das einfache Abendmal um 7 oder
8 Uhr eingenommen; Beamte und Honorazioren pflegen nach 1 Uhr. der Adel
um 2 oder 3 Uhr zu Mittag zu fpeisen. Das Abendmal besteht häufig nur aus
einer Suppe, gewöhnlich trägt man noch eine. höchstens zwei einfache Speifen auf.
Mittags pflegt man mäßig leichten Wein mit Waffer gemischt. -Abends Vier zu
trinken. Das gewöhnliche Getränk in den meisten Familien ist Wasser. DerGra'zer
ißt nicht kärglich, aber auch nicht zu viel. Betrunkene sieht man nicht häusig, und
fast nur an gewissen Festtagen, wo Manche von ihren fröhlichen Ausflügen etwas
unsicheren Schrittes nach Haufe zurükkehren. Die Kaffehhäufer werden nach Tische
sebr lebhaft, wo die meisten Vesucker mit Zeitunglektüre, manche mit dem Billard«
oder Schachspiel, wenige mit Kartenspiel eine kurze Zeit sich vergnügen. Die meisten
Bewohner geben gleich nach Tische ihren Geschäften nach.
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen