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Hauptstadt Graz. Gesundheit-Verhältnisse. 354
md ein gewisser Grad von Blödigkeit vorhanden war. Die von Dr. We igle in
im topografischen Gemälde von Graz angeführten 430 Kretins, unter welchen mehr
als 2/2 der Murvorstadt angehörten, warm offenbar nur solche blöde und verwahr-
loste Individum (ohne eigentlich kretinische Merkmale), unter denen gewiß auch
viele Angewandelte sich befanden. Die Tuberkelsucht, zumal der Lungen, ist
nicht selten mit den Skrofeln verbunden, und wird vorzüglich zur Zeit der Pu«
bertät bemerkbar.
2) Gastrische Krankheiten und Werelfieber. Gasttisch-nervöse
Krankheiten sind seit mehren Iahrzehenten in ganz Europa stazionär. In Graz
werden sie häusig durch Diätfehler genährt, und kommen in zalreichen Formen vom
einfachen Gaftrizismus bis zum ausgebildeten Sabural-, Schleim- oder Gallensieber vor.
Sie gehen in den tiefer liegenden Partien, wie in der Murvorstadt, amGrazbach,
am Graben gern in Werelfieber aus. Ueberhaupt sind, ungeachtet des leb»
haft strömenden Luftzuges, Werelsieber nicht selten. Sie werden im April bemerk-
bar, erreichen im Juli ihren Höhenpuntt. nemen darauf etwas ab und verlieren
sich im November fast gänzlich. So wie der rauhe Nordwind häufige Rheuma-
tismen und Katarrhe mit ihren Folgeübeln hervorbringt, so kommen gewöhn-
lich mit dem Südwinde (Iauk, Sirokko) im Frühjahre gastrisch-nervöse
Krankheiten und Werelfieber. Die gastrischen, oft selbst die rheumatischen und
katarrhalischen Leiden haben hier eine große Neigung zum intermittirenden Tipus.
3) Die Gicht entsteht in Graz sehr häufig bei vorhandenen gastrischen Zuständen
durch den Einfluß rauher Nordwinde, während diese bei sonst gesunden Individuen
nur Rheumatismen zu erzeugen pflegen. In Folge von Gicht (Gall) und chroni-
schen Rheumatismen trifft man häufig Verkrümmung der Gelenke, Hüftweh, Schwer-
hörigkeit, zulezt nicht selten Wassersucht. Herzkrankheiten stehen gewöhnlich mit vor-
ausgegangenen rheumatischen Leidm in Verbindung.
d. Epidemische und Wi t terung-Krankhei ten.
1) Als Epidemien wollen wir nur vorzüglich die anstekenden aku-
ten Krankheiten bezeichnen, da die übrigen sogenannten epidemischen Krankheiten
mehr ausschließend durck Witterungverhältnisse hervorgerufen und unterhalten wer-
den. Bösartige Seuchen, wie die orientalische Pest und tiföse Krankheitm, haben
in früheren Zeiten in Graz oft furchtbar gewütet. In den meisten Kriegsjahren
herrschte der Tifus in dieser Stadt, zulezt in den Jahren 1850 und 4851. Die
Blattern bleiben fast in keinem Jahre aus, treten aber nicht besonders bös-
artig auf, und werden durch fleißige Impfungen im Zaume gehalten. Die Cho-
lera suchte zwar bei ihrem jedesmaligen Auftreten auch in Graz einige Opfer,
wurde aber nie epidemisch, und beschränkte sich beinahe nur auf die Spitäler. Im
Jahr 1849 lieferte sie 40 Todte, darunter 35 im Militärspital. Die Rut>r
erschien in den Jahren 4828. 4830 und 4834 ziemlich heftig in den niedrig
gelegenen Stadtteilen, und dauerte immer vom August bis Oktober. Nnter dm
fieberhaften Aus schlagen kommen nebst den erwähnten Blattern in den
Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen