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Amtsbezirk St. Leonhard. 547
Gemeinden von St. Anton haben einen sandigen, minder fruchtbaren Boden mit
Schottergeröll-Unterlagen, auf welchem aber ein ausgezeichneter Wein (der Sand«
berger) erzeugt wird. Die an die Gegend von St. Peter gränzenden Gemeinden
der Gruppe von St. Barbara haben besonders auf den Anhöhen einen fruchtbaren
Kalkboden. Die südl., südöstl. und südwestl. Höhenlagen sind mit Reben bepflanzt;
die niederen Abhänge nemen verschiedene Kulturgattungen ein, und in den Tälern
herrscht die Wiesenkultur vor. Unter den Waldbäumen sind hier noch die Fichte
und Kiefer vorherrschend, aber stark mit Laubbolz, besonders Buchen, gemischt. An
den Bächen und auf feuchten Gründen ist die Erle allgemein. Die Obstbaum»
zucht macht erfreuliche Fortschritte. Den größten Ertrag geben die Zwetschken
durch Erzeugung von Branntwein (Mivo^vi?); aus Aepfeln und Birnen wird Most
erzielt. Das Haupt-Erzeugniß ist der Wein, welcher, so wie in Windischbüheln
überhaupt, in großer Menge, und gegen O. zu schon von vorzüglicher üualität
erzeugt wird. Uebrigens gedeihen bier alle Getreidegattungen: Mais, Weizen, Haiden,
auf sandigem Boden Roggen :c. Das Heu liefert ein namhaftes Erträgniß.
Haustiere sind hier dieselben wie im Bez. Marburg. Als Iagdt ier ist
vorzüglich der Hase bekannt, welcher in Obst- und Weingärten vielen Schaden an-
richtet. Die Raupe des Baumweißlings ist den Blüten der Virn« und Aepfelbäume
oft fehr verderblich.
Die vorherrschend slavifche Bevölkerung spricht windisch mit vielen unter«
mengtm teutschen Wörtern; selbst die Sazfügung streift an die teutsche. Der Dialekt
ist etwas singend, und das u wird immer als ü ausgesprochen. Das Voll ist
wolgebaut, mittelstark, gesund, sehr bildungfähig, und trägt überhaupt die schon
beschriebenen charakteristischen Eigenheiten der Slaven an sich. Die Bi l düng stufe
ist eine niedere, der Schulunterricht ungenügend. Von häuslicher Bildung find nur
wmige Spuren vorbanden. Häufig wird Trägheit und geringe Achtung vor fremdem
Eigentum bemerkt. Die windifche Volkstracht kommt immer mehr inAbname.
Die Wohnungen sind klein, ärmlich, größtenteils von Holz, aber reinlich; sie
werden jährlich in- und auswendig übertüncht, und meistens mit Farben bemalt.
Auf Viehstallungen wird viele Sorgfalt verwendet. Zur Nahrung dienm vor»
züglich Speism aus Mais- und Haidenmehl. Milch. Knollengewächsen und Kraut,
wie im Bez. Marburg. Die Gibanzen oder Boganzen sind hier ebenfalls sehr beliebt,
so wie der Wein oder Obstmost, zumal bei schweren Arbeiten. Vom Familienleben
weicht die patriarchalische Gemütlichkeit immer mehr; frühzeitig wird Beschäftigung,
außer dem väterlichen Hause gesucht, und die Anhänglichkeit an die Familie dadurch
gelolert.
Der Gesund hei tzustand ist im Ganzen günstig. Endemisch sind die Wexel-
sieber, welche in der feuchten Beschaffenheit der Täler, im schlechten Waffer, welches
aus dem Tonboden hervorquillt, und in dem häufigen Austritte der durch unzälige
Windungen in ihrem Laufe gehemmten Pesniz ihren Grund haben. Auch der Tifus
wird in diesen Gegenden oft stazionär. Ruhr, Blattern. Scharlach und andere
Glantheme kommen manchmal epidemisch vor. Im Jahre 4850 war der Scharlach
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Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Titel
- Medizinisch-statistische Topografie des Herzogtumes Steiermark
- Autor
- Mathias Macher
- Verlag
- Ferstl'sche Buchhandlung
- Ort
- Graz
- Datum
- 1860
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.91 x 20.62 cm
- Seiten
- 632
- Schlagwörter
- Topographie, Kartografie, Statistik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen