Seite - 41 - in Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben - Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
Bild der Seite - 41 -
Text der Seite - 41 -
© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847111658 – ISBN E-Lib: 9783737011655
GeorgBraulikOSB(Wien)
DerblindeFleck–dasGebot,denFremdenzu lieben.
ZursozialethischenForderungvonDeuteronomium10,19
JonathanSacks, früherbritischerOberrabbiner, erzählt in seinemBuchNot in
God’sName1vonCsanadSzegedi, einemder führendenFunktionärederultra-
nationalistischen ungarischen Jobbik-Partei. Szegedi entdeckte 2012, dass er
Judewar,dasszwarseineGroßelternAuschwitzüberlebthatten,aberdieHälfte
seinerFamiliedortumgebrachtwordenwar.Parteigenossenverlangtendeshalb
von ihm, sich öffentlich zu entschuldigen. Denn seine orthodox-jüdischen
Vorfahren passten nicht zur rassistisch antijüdischen Ideologie der Partei.
Szegedi trat daraufhin ausderPartei aus, ließ sichbeschneiden, lernteHebrä-
isch,gingamSabbatindieSynagogeundnanntesichfortanDavid.Heuteseheer
seinewichtigsteAufgabe als Politiker inderVerteidigungderMenschenrechte
füralle.Sacksmeintdazu:„TobecuredofpotentialviolencetowardstheOther,
Imustbeable to imaginemyself as theOther.“2DerAntisemitmusste sicherst
alsJudefinden,umgeheiltzuwerden.DieHebräischeBibel,soweiterSacks,gehe
deshalbüberdasGebot„liebedeinenNächstenwiedichselbst“hinaus,dasheißt
übereinwechselseitigaltruistischesVerhalteninnerhalbdereigenenGruppedes
Glaubens, der Kultur, der Schicksalsgemeinschaft, des gleichen politischen
Systems.SieverlangeSchwierigeres,nämlich:denFremdenzulieben.AlsBelege
dieser Forderung zitiert er: „Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder
ausbeuten,dennihrselbst seid imLandÄgyptenFremdegewesen.“ (Ex22,20).
Und: „Einen Fremden sollst du nicht ausbeuten. Ihr wisst doch, wie einem
Fremden zumute ist; denn ihr selbst seid imLandÄgyptenFremdegewesen.“
(Ex23,9).Wichtig ist:
1 JonathanSacks,NotinGod’sName.ConfrontingReligiousViolence,London2016,S. 177–188
(„TheStranger“). IchverdankedieKenntnisdiesesBuchesderJubilarin,dieesmirbeieinem
unsererGesprächeüber biblischeTheologie schenkte. Prof. IngeborgGabriel ist ja promo-
vierte Alttestamentlerin und hat auch als Sozialethikerin die Heilige Schrift stets in ihre
Diskurse eingebracht. Dafür und insbesondere für die jahrzehntelange menschliche wie
geistlicheFreundschaftmöchte ich ihrmitdiesemkleinenBeitragdanken.
2 Ebd., S. 179.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Titel
- Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
- Untertitel
- Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Autoren
- Irene Klissenbauer
- Franz Gassner
- Petra Steinmair-Pösel
- Herausgeber
- Peter G. Kirchschläger
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1165-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 722
- Kategorie
- Recht und Politik