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© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847111658 – ISBN E-Lib: 9783737011655
HandlungenGottesaufdiebeidenGruppenaufteilen,alsgeltenurdenVätern
die Liebe Gottes und Israel bloß die Erwählung. Der Wortgebrauch ist im
Deuteronomiumvielmehr systematisiert, 10,15 fasst 4,37 und 7,7–8 zusam-
men.DemnachgehörtauchdieErwählungzumMysteriumderLiebeGottes,ist
wie die Liebe voraussetzungslos und affektgeladen, allerdingsmit ihr nicht
identisch. Israel soll darauf – vermutlich wegen des Beschneidungsbundes
Abrahams, andenmanbei denVätern denkt –mit derBeschneidung seines
Herzens antworten; es soll seine Halsstarrigkeit, das heißt: seine wider-
spenstigeundtrotzigeGesinnung,aufgeben(Vers16).DanachwirdJHWH,der
Gott Israels, nochmalsmit hymnischen Superlativen gepriesen, jetzt als ge-
waltiger Kriegsheld voll numinosen Schreckens und als unbestechlicher
Richter (Vers17).DiemeistendieserFormulierungenhabenihreVorbilder in
der altorientalischen, insbesondere der neuassyrischen Königstitulatur.5
„Gottes vorrangigeOption“6aber gilt dengesellschaftlichenRandgruppen in
Israel. Als idealerKönig verhilft er ihnenunbestechlich zu ihremRecht bzw.
versorgt siemitdenzumLebennotwendigenGütern7:
Er[JHWH,euerGott,] verschafftWaisenundWitwen8Recht
und liebtden9Fremden (ge¯r), sodass10 er ihmNahrungundKleidunggibt. (Vers18).
5 MosheWeinfeld,Deuteronomy1–11.ANewTranslationwith Introduction andCommen-
tary,TheAnchorYaleBibleCommentaries5,NewYork1991,S. 438.Vgl.auchPs24,8;47,3;
136,2–3.
6 TimoVeijola, Das fünfte BuchMose (Deuteronomium):Kapitel 1,1–16,17,DasAlteTesta-
mentDeutsch8,1,Göttingen2004,S. 257.
7 Vgl. z.B. die hymnischen Prädikationen JHWHs als König in Ps146,7–9, die u.a. in An-
lehnung an die deuteronomische Trias der „Fremden,Waisen undWitwen“ formulieren:
„JHWHliebtdieGerechten(8b), JHWHbeschütztdieFremden,erhilftaufdenWaisenund
Witwen (9a)“.Vgl. Jos8E.Ram&rezKidd,Alterity and Identity in Israel. The gr in theOld
Testament,Beihefte zurZeitschrift fürdie alttestamentlicheWissenschaft 283,Berlin1999,
S. 78–79.
8 Als lectio difficilior desMasoretentextes gegen die Septuaginta, die den Fremden in An-
passungandieüblichedreigliedrigeFormeleinbezieht. ImUnterschiedzudieserTrias fehlt
in10,18außerdembeiWitweundWaisewiebeimFremdenderArtikel.
9 ImHebräischenfehltauchandieserStellewiebei„Waise“und„Witwe“derArtikel,weil es
sich bei allen drei Bezeichnungen um einen Kollektivsingular handelt. Er lässt sich im
Deutschen nicht durch den unbestimmtenArtikel wiedergeben, weil dadurch der falsche
Eindruckentstehenkönnte,eshandlesichjeweilsumeineeinzigePerson.Deshalbmussdie
deutscheÜbersetzungandieserStelledenArtikelverwenden.
10 DieInfinitivgruppe(la¯tæt)drücktsemantischeinepraktischeKonsequenzaus,diesichaus
derHaltungderLiebeGotteszumFremdenergibt–OskarDangl,MethodenimWiderstreit.
SprachwissenschaftlicheZugänge zurdeuteronomischenRede vonder LiebeGottes, Text-
wissenschaft – Theologie – Hermeneutik – Linguistik –Literaturanalyse – Informatik 6,
Tübingen1993,S. 214.
DerblindeFleck–dasGebot,denFremdenzu lieben 43
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Titel
- Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
- Untertitel
- Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Autoren
- Irene Klissenbauer
- Franz Gassner
- Petra Steinmair-Pösel
- Herausgeber
- Peter G. Kirchschläger
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1165-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 722
- Kategorie
- Recht und Politik