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© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847111658 – ISBN E-Lib: 9783737011655
FällennurmehrzumHandelnaufzufordern(Verse28bzw.37b).DieLiebeistdas
Schlüsselwort.Sie istaber imSamaritergleichniseigentlichderNotzugeordnet.
Weder für Lukas noch für Markus undMatthäus ist die Nächstenliebe eine
„universaleLiebe“.„InderSachelässtsich–vondem,wasdurchdieveränderte
ZeitundSituationbedingtist,abgesehen–praktischkeinUnterschiedzwischen
AltemundNeuemTestament feststellen. Sowerden auchdie leitendenPrinzi-
pien die gleichen sein. EinUnterschied liegt nur imSprachgebrauch.DerGe-
brauchdesWortes ,Liebe‘nimmtzu,auchfürFälle,diemanimAltenTestament
nicht unterdemStichwort ,Liebe‘ behandelt hat.“84Verstehtman jedochunter
dem„Nächsten“–andersalsdasAlte(undNeue)Testament–jedenMenschen,
jasiehtmandieseNivellierungsogaralsfürdasChristentumcharakteristischan,
danndrohtdemvonGott besonders geliebtenundvonderToraprivilegierten
Fremdennurallzu leichtdieGefahr,nichtmehrgesehenzuwerden.85Sogardie
Kurzformel vonGottes- undNächstenliebe kanndazuverleiten.Deshalb stellt
sich für Theologie undKirche die Frage:Hindert sie ein blinder Fleck daran,
unter den Liebesgeboten das Gebot der Fremdenliebe sozialethisch wahrzu-
nehmen?86
4. Quellen
Ackerman, Susan,ThePersonal is Political. Convenantal andAffectionate Love ( ˘A¯HE¯B,
˘AHA˘Bff) in theHebrewBible, in:VetusTestamentum52/2002, S. 437–458.
Akiyama,Kengo,TheLoveofNeighbour inAncient Judaism.TheReceptionofLeviticus
19:18intheHebrewBible,theSeptuagint,TheBookofJubilees,theDeadSeaScrollsand
theNewTestament,Ancient JudaismandEarlyChristianity105,Leiden-Boston2018.
84 NorbertLohfink,Liebe.DasEthosdesNeuenTestaments–erhabeneralsdasdesAlten?, in:
UnseregroßenWörter.DasAlteTestament zuThemendieser Jahre, 3.Aufl., Freiburg i.Br.
1985, S. 225–240, hier: S. 236undS.237.Vgl. Thomas Söding,Wieweit reicht dieNächs-
tenliebe: Das biblischeKonzept in derDiskussion über denAltruismus, in: Evangelische
Theologie77/2017,S. 258–267,hier:S. 262:„DieNächstenliebeisteineEthikaufSichtweite.“
85 Vgl. z.B. KatharinaWesterhorstmann,Das Liebesgebot alsGabeundAuftrag.Moraltheo-
logie imLichtdes jüdisch-christlichenDialogs, Studien zu JudentumundChristentum29,
Paderborn2014, imKapitelüber „Nächstenliebe istMenschenliebe“ (S. 387–408).Nurder
Abschnittüber„DieLiebezumFremdenals,Glaubensgebot‘inderBeziehungzwischenGott
undMensch“(S.338–340)behandelt–vorallemausderSichtMartinBubers–dasGebotder
Fremdenliebe, insbesondereinDtn10,17–19.DabeiübersetztWesterhorstmannVers19mit
„Liebet denGast“ (S. 338), obwohl dasDeuteronomiumden Fremden klar vomGast un-
terscheidet.Der jüdischePhilosophMichaelWalzerknüpft inMitgliedschaft undZugehö-
rigkeit, in: FrankDietrich (Hg.), Ethik derMigration. Philosophische Schlüsseltexte, stw
2215,Berlin2017,S. 29–47,hier:S. 32,zwarandieGeschichtevomSamariteran,bleibtaber
beiderDiskussionüberdasPrinzipdergegenseitigenHilfebeiderUnterscheidungzwischen
MitgliederneinerGesellschaftundFremden.
86 IchdankeNorbertLohfinkSJ fürdiekritischeLektüredesManuskripts.
GeorgBraulik60
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Titel
- Menschenrechte und Gerechtigkeit als bleibende Aufgaben
- Untertitel
- Beiträge aus Religion, Theologie, Ethik, Recht und Wirtschaft
- Autoren
- Irene Klissenbauer
- Franz Gassner
- Petra Steinmair-Pösel
- Herausgeber
- Peter G. Kirchschläger
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1165-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 722
- Kategorie
- Recht und Politik