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Im Jahre 304 sollen im Steinfeld des Haken zwei kleine Wasenhütten und ein aus Steinbrocken
der Wendt erbautes niederes Steinhäusel gestanden sein - alle drei vor dem schon übel verfallenen
Tempel. Da ging Abredo, der Gatte der Wydaga von der Maydlwisn, an die Wiedererrichtung des
Heiligtums und, weil der Ort gar gut erschien, an den Bau eines steinernen Häusels für seinen
ältesten Sohn Godo. Wie nun Abredo und seine Gehilfen und Nachbarn eines Abends müde von der
Arbeit heimgingen, erblickten sie im Graben des Cernunnos ein prächtiges Tier, das sie bis dahin
noch nie gesehen hatten. Sie nahmen dies als ein gutes Zeichen und als eine Art Botschaft,
erkannten aber die Bedeutung nicht. Als sie am nächsten Morgen wieder zu den Steinen hinauf
kamen, um weiter zu bauen, trauten sie ihren Augen nicht: das Haus war fertig, der Tempel stand
da wie neu, und an seinem Giebel blinkte ein großes golden glänzendes Geweih. Sie fielen auf die
Knie und dankten dem Gott. Damit nicht genug: am übernächsten Morgen sahen sie, dass die
windigen und schadhaften „Wasenheisln“ plötzlich aus massivem Stein dastanden. Das „Wunder“
sprach sich auch am anderen Ufer der Donau herum. Immer mehr Menschen dort riefen Cernunnos
an und befestigten Geweihe an ihren Türen, um die Gottheit von den Haken wegzulocken und für
sich wirken zu lassen. Cernunnos indes war durch das viele Gejammer und Gebitte so erzürnt, dass
er für immer schwieg. Die Menschen nördlich der Donau hörten jedoch nicht auf ihm zu danken
und hielten seinen Platz bei den Haken heilig.
Joannes von Speyr: (laut Vermerk 352 nChr)79
Als Joannes, ein Schreiber zu Speyr, auf seinem Weg die Donau herab die Steine und das
inzwischen ansehnliche Steinhäusl der Herren vom Haken erblickte, ließ er Schiff und
Mannschaft an der Überfuhr zurück und ging hinauf zu den Haken. Er vermerkte: „ain gar wohlles
vnnd guettes ortth“ - und verbrachte die Nacht als Gast des Herrn vom „Hakkn“. Wie staunte
Joannes, als sein bis dahin schmerzender, ein wenig lahmender rechter Fuß am nächsten Morgen
völlig gesund war. Er berichtete auf der Weiterreise „mannigorts“ von dem Geschehen, obwohl ihm
der Steinkreis etwas unheimlich vorkam. Nun zogen unzählige Menschen vom anderen Ufer und
von weiter her zum Haken hinauf und erhofften sich Hilfe, die aber offensichtlich eher selten
eintrat, wie der Chronist des Haken sachlich festhielt: „on hylff“.
Als Joannes drei Jahre später denselben Weg wieder nahm, am Haken-Steg anlegte und den Berg
hinaufging, sah er mit Schrecken, anscheinend jedoch nicht ohne christliche Genugtuung (da sein
Auge trocken blieb, wie der Hakken- Chronist vermerkte), dass der Tempel Brandspuren zeigte und
offenbar zerstört worden war. Der Meier berichtete ihm, die Leute jenseits des Flusses seien
neidisch geworden ob der zahlreichen Menschen, die hierher gekommen waren und im "Zuhaus"
des Haken genächtigt und gezehrt hätten. Deshalb habe sich übles Volk zusammengerottet und
wäre mit allem Gerät „angegangen“. Auch seien etliche der Fischer und Steiner angeschlagen
worden. Nun hatte Joannes Mitleid und half den Menschen vom Haken und der Burg sowie dem
Herrn vom Cernheisl, des Hakkers Bruder, tagelang beim Wiederaufbau des Tempels, der jetzt
freilich mehr das Aussehen einer Kapelle bekam und den Joannes zur Sicherheit noch nass segnete.
Das Symbol des Cernunnos (das Geweih) wurde durch ein kleineres ersetzt, und der Steiner
meißelte die Jahreszahl „352“ in den Türbogen ein.
79 OÖLMBibl, Ehem. SA Hagen, As fol. 17, Epistolae Hacensis; Friedrich Tscherne (nach Vorlage des W.
Stauffenbuel). Kollationierte Abschrift.
Merkwürdiges aus dem Hagen
Sowie historische Legenden, Anekdoten und Sagen
- Titel
- Merkwürdiges aus dem Hagen
- Untertitel
- Sowie historische Legenden, Anekdoten und Sagen
- Autor
- Hanna und Herbert Schäffer
- Verlag
- Eigenverlag
- Ort
- Linz
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.25 x 29.72 cm
- Seiten
- 106
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute