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des Hellmanns als auch, im Zusammenklang mit der Ödtmühl, an einen Ort, die Helmonsödt, alten
geschichtsträchtigen Kulturboden.122
Die Zeitangaben „1395“, „im Spätherbst 1395“ samt „Thomasnacht“ sind historisch ungenau,
da König Wenzel vBöhmen, Sohn Kaiser Karl IV. [und Bruder König Sigmunds vUngarn und
Markgraf Jodoks vMähren] vom 5. Juli bis 1. August 1394 in „der Vöste zu Wildberg“ im
Haselgraben (im „Königszimmer“ im vierten Stock des stark bewehrten Hauptturmes) gefangen
gehalten wurde. Am 3. August 1394 schwor König Wenzel den Brüdern Kaspar und Gundaker
vStarhemberg Urfehde (123) wegen dieser Haft auf deren Feste Wildberg.124
Der Bauer Hans Helmon von der Oedmühle war vor den Schergen des Vogtes geflohen, weil er in
seiner Armut Leibzoll und Zehent nicht entrichten hatte können. In der Thomasnacht stand er im
Wald und rief verzweifelt aus:„Gibt es denn für mich keine Rettung hier?“ Da schien es von der
Felswand zurückzuschallen „hier, hier“. Der Bauer dachte an die wilde Jagd, folgte aber dennoch
der Stimme und erblickte auf dem Breitenstein einen Jäger mit einem Luchsfellmantel um die
Schultern, einer roten Feder am Hut, und einer riesigen Armbrust, der ihn zum Stehenbleiben
aufforderte. Der Fremde schlug ihm einen Pakt vor, auf den Helmon aber nicht eingehen wollte.
„So nimm wenigstens dieses Pergamentblättchen“, sprach der Jäger, „es ist durch mein Siegel
verschlossen; händige es vor dem Linzer Stadttor dem ersten Edelknappen oder Stadttrabanten ein,
den du triffst. Nenne auch deinen Namen und dein Haus. Tust du dies getreulich, so ist dir Glück in
Geschäft und Wirtschaft sicher“. Beim „Schloß“ Hagen - das damalige Gut muss demnach schon
relativ groß ausgebaut gewesen sein, da es dem Bauer nicht anders als ein Schloss erschien -
gewahrte Helmon ein Fähnlein von Spießträgern und übergab das Schreiben sogleich dem
Hauptmann. Kaum hatte dieser die Botschaft gelesen, rief er freudig aus : „Er ist es; wir haben ihn
also doch endlich gefunden!“ Er gab dem verdutzten Helmon einen wohlgefüllten Geldbeutel und
eilte mit seinen Leuten davon. Helmon konnte nun seine Schulden bezahlen und saß bald als
behäbiger Müller auf seinem freien Eigengut.
Aber der plötzliche Reichtum brachte ihm kein Glück - er war verfemt, da jeder an einen Pakt mit
dem Teufel glaubte, und seine Tochter fand keinen Freier. So befolgte er schließlich den Rat eines
Mönches, barhäuptig und barfuß nach Prag zu pilgern und dort seinen Besitz der Kirche zu opfern.
Wie erstaunt war Helmon, als ihm in Prag auf der Brücke der vermeintliche Jäger begegnete, der
ihn, den er lange hatte suchen lassen, seinerseits freudig begrüßte. Er gab sich als König
Wenzeslaus vBöhmen zu erkennen, nahm ihn mit auf seine Burg und erklärte, Helmon habe ihm in
jener Nacht einen großen Dienst erwiesen, seine Botschaft nach Prag vermittelt und damit seine
Freiheit erwirkt. Nun war die ehrliche Herkunft des Geldes bewiesen und der vermeintliche Bann
über Helmon und seine Familie gebrochen.
„Die Gründung von Hellmonsödt“ (Hellmann aus Oed und König Wenzel): (1394)125
Hinweis: Die Wurzeln von Hellmonsödt reichen viel weiter zurück - als ins Jahr 1394 und die
oben behandelte Begebenheit mit König Wenzel. Die vorliegende Legende diente wohl nur dem
Zweck, den Böhmenkönig in die Gründungsgeschichte des Ortes zu involvieren.
*Der in Gewahrsam gehaltene König Wenzel vBöhmen durfte sich an bestimmten Tagen im
Schlossgarten von Wildberg ergehen, wobei viele Neugierige aus der Umgebung versuchten, einen
Blick auf ihn zu erhaschen; so einmal auch ein Bauer namens Hellmann aus dem Flecken Oed. Ihm
122 Vgl. Geise, Kelt. Nachrichtensystem, 47ff, 135, 139, 167, 175, 191.
123 Urfehde =Gelöbnis der Einstellung aller Feindseligkeiten und Racheakte.
124 AStL, LR, A 1b/1147-1151. Vgl auch Michalek, Haunsberg, 462f. [Wenzel hatte, gemäß einer allerdings
legendären Darstellung, 1393 den Beichtvater seiner Gemahlin, Johann Nepomuk, Generalvikar des Erzbischofs von
Prag, weil dieser das Beichtgeheimnis nicht brechen wollte, foltern und in die Moldau werfen lassen.] Vgl auch
Handel-Mazzetti, Wildberg, 42ff.
125 Depiny, Sagenbuch, 378 Nr. 60. Vgl Geise, Kelt. Nachrichtensystem, 47ff, 135, 139, 167, 175, 191.
Merkwürdiges aus dem Hagen
Sowie historische Legenden, Anekdoten und Sagen
- Titel
- Merkwürdiges aus dem Hagen
- Untertitel
- Sowie historische Legenden, Anekdoten und Sagen
- Autor
- Hanna und Herbert Schäffer
- Verlag
- Eigenverlag
- Ort
- Linz
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.25 x 29.72 cm
- Seiten
- 106
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute