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Höfische Theaterfeste in Wien
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prinz Joseph eine in französisch gehaltene Gratulation aufzusagen. Schon
wenige Tage später am 15. Oktober revanchierte sich der Kaiser am Na-
menstag Maria Theresias mit einer ähnlichen Veranstaltung und Joseph
musste neuerlich ein französisches Gedicht deklamieren. Interessant ist, dass
für die weitere Bespielung des neuen Hauses laut Vertrag der Pächter des
Burgtheaters herangezogen werden konnte. Der Hof ist sich bewusst, dass er
durch Schönbrunner Gratisvorstellungen den städtischen Theatern Konkur-
renz mache und dass das Publikum des herbstlich kühlen Wetters wegen
ausbleiben könne.4
Joseph II., der – wie sein Großvater Karl VI. – im Gegensatz zu seinen El-
tern, Schönbrunn nicht besonders schätzte, nutzte für besondere Anlässe, die
Orangerie des Schlosses, statt des, nach einer Grund legenden Renovierung
repräsentativen Theatergebäudes, um seinen Gästen ein besonderes Erlebnis,
zu dem auch Szenisches als einer der Programmpunkte gehörte, bieten zu
können. Die Orangerie, die das Überwintern nicht nur der Zitrusbäume, son-
dern auch von Myrthen, Lorbeer, Ölbäumen und Palmen ermöglichte, hatte
beträchtliche Dimensionen: das Gebäude ist 185,27 Meter lang, 7,91 Meter
hoch und 9,47 Meter breit. Die Raumtemperatur lag im Winter zwischen 10
und 15 Grad, war also für einen festlichen Anlass entschieden zu nieder, die
Akustik muss alles andere als gut gewesen sein. Warum wird hier in einem
Nutzraum ein sechsstündiges Fest gegeben, das für die Veranstalter, wie für
die Gäste, erhebliche Unbequemlichkeiten mit sich bringen musste. 1785 war
es eine originelle Faschingsveranstaltung gewesen, die aber durchaus in ge-
wohnten Bahnen verblieb. Die beiden Partner jeder Kutsche waren einander
zugelost worden, wie bei den so beliebten Schlitten- und Wagenfahrten der
Faschingszeit seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, das Mahl für die Gäste
seiner Majestät war ein fixer Bestandteil des Festkalenders, ja, sein eigentli-
cher Höhepunkt. Alles andere blieb mehr oder weniger interessant gestaltetes
Beiwerk.
Das eigentliche Moratorium für den Alltag, sein Unterbruch, stellt freilich
der Ort des Geschehens dar, ein Ort in dem es mitten im Winter blüht und
intensiv duftet und gleichzeitig die Früchte reif an den Bäumen hängen und
wohl auch den Gästen als Präsent mitgegeben wurden. Das Moratorium, wie
es Marquard versteht, gilt den Jahreszeiten: der Frühling wird vom Kaiser
seinen Gästen geschenkt, er erweist sich damit als außergewöhnlicher Festge-
stalter. (Heute würde man sagen, dass der Kaiser das Frühjahr mitten im
Winter mit all seinen Kräften für sein Image zu nutzen verstand.)
4 Hadamowsky p.249f .
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND
Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Titel
- Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
- Untertitel
- Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Autor
- Paolo Budroni
- Verlag
- V&R unipress
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2008
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-477-7
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 135
- Kategorie
- Kunst und Kultur