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Rainer J. Schwob
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denn die gesprochenen Partien (mit ihren Parodien auf damals in Wien be-
liebte Sprechtheater-Produktionen14) überwiegen doch allzu sehr.
Das Stück ist durchaus amüsant, aber die viel stärker ›durchkomponierte‹
Mini-Oper Salieris mit dem Titel Prima la musica, poi le parole erwies sich
an diesem Abend als unterhaltsamer und eindrucksvoller, außerdem spielte
sie besonders wirkungsvoll auf die Situation im Wiener Opernbetrieb und auf
die real vorhandene Rivalität der Sängerinnen Celeste Coltellini und Nancy
Storace an15 – so wie Stephanie und Mozart den Wettkampf zwischen den
»ersten Sängerinnen« Aloysia Weber und Catarina Cavalieri inszenierten.16
Prima la musica hat einige interessante Konstellationen, faszinierend ist
vor allem der voyeuristische Blick über die Schultern des arbeitenden Com-
positeurs. Der Librettist, der Verse zu bereits vorhandener Musik schreiben
soll, scheint auch sehr typisch gewählt; jedenfalls fühlte sich Lorenzo da
Ponte in seinen Erinnerungen durch dieses Stück verspottet:
»Die Oper hieß Le parole dopo la musica. Sie war ein Machwerk völlig
ohne Salz, ohne Disposition, ohne Charaktere, so dass keiner außer dem
Grafen von Rosenberg die Kühnheit besaß, es zu loben. Um den Erfolg
ihrer listigen Pläne noch mehr zu sichern, hatten sie aus der Oper eine
galante Satire auf mich, den jetzigen Hofpoeten, gemacht. Natürlich ver-
fuhr Herr Casti mir gegenüber nicht eben elegant. Wenn man absieht
von meiner Kleidung und von der Art, wie ich das Haar trug, war das,
was übrigblieb, eher ein Porträt von ihm als von mir. Unter anderem
ging es um meine Liebeshändel mit Frauen vom Theater; aber amüsan-
terweise protegierte und hofierte er selbst die beiden Frauen, die in die-
ser Posse sangen.«17
Ob Casti und Salieri wirklich Da Ponte parodieren wollten, kann bezwei-
felt werden, da letzterer zu diesem Zeitpunkt noch viel zu unbedeutend war –
seine Erfolgslibretti für Salieri, Martini und Mozart standen noch bevor.
Andererseits könnte gerade die Tatsache, dass der Hofdichter Da Ponte seit
14 Vgl. Christopher Raeburn: Die textlichen Quellen des »Schauspieldirektors«. In:
Österreichische Musikzeitschrift 13. Jg. (1958), H. 1, S. 4–10.
15 Vgl. Josef Heinzelmann: Art. »Antonio Salieri / Prima la musica, poi le parole«.
In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Hrsg. von Carl Dahlhaus [...]. Mün-
chen, Zürich: Piper. Bd. 5 (1995), S. 534-536, hier S. 535.
16 Vgl. Marie-Agnes Dittrich: Dichterleid und Damenzank: Zu Salieris Prima la
musica e poi le parole und Mozarts Schauspieldirektor. In: Zeit in der Musik in der
Zeit. 3. Kongress für Musiktheorie 10.-12. Mai 1996, Wien. Frankfurt a. M. [u. a.]:
Lang, 1997. S. 90-104, hier 98-99. – Zum Personal der beiden Uraufführungen
vgl. auch Heinz Schuler: Mozarts »Schauspieldirektor«. Gestalten der Urauffü-
hrung in der Silhouette. In: Wiener Figaro. Mitteilungsblatt der Mozartgemeinde
Wien, 50. Jg. (November 1983), S 20-27. – Patricia Lewy Gidwitz: ›Ich bin die er-
ste Sängerin‹. Vocal profiles of two Mozart sopranos. In: Early Music 19. Jg.
(1991), Nov., S. 565–579.
17 Zitiert nach: Lorenzo Da Ponte: Geschichte meines Lebens (siehe Anm. 4), S. 126.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND
Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Titel
- Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
- Untertitel
- Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Autor
- Paolo Budroni
- Verlag
- V&R unipress
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2008
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-477-7
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 135
- Kategorie
- Kunst und Kultur