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Ingrid Schraffl
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»seiner« Arien aus dem kurz vorher in Wien aufgeführten Giulio Sabino von
Giuseppe Sarti nachsang. Mit 18 Jahren debütierte die Storace in Wien, wur-
de sehr bald die beliebteste prima buffa am Burgtheater und ließ viel von sich
reden. Umso mehr als der englische Komponist und Geiger John Abraham
Fischer, den sie (angeblich auf Wunsch ihrer Mutter) geheiratet hatte, sie so
heftig zu schlagen pflegte, dass sie bei den Vorstellungen die auffälligen
Zeichen davon unter einer dicken Schicht Schminke verbergen musste. Kai-
ser Joseph II. soll daraufhin den Gemahl aus Wien ausgewiesen haben. Die
Storace war schwanger, arbeitete aber trotzdem am Burgtheater weiter und
blieb angeblich bei der Premiere von Gli sposi malcontenti, einer Oper ihres
Bruders Stephen Storace, stimmlos. Nach einer vier Monate langen Pause, in
der ihr Kind auf die Welt kam und bald darauf starb, fand sie wieder zur
Bühne zurück. Ihre Beliebtheit in Wien war so groß, dass zu ihren Ehren eine
Kantate komponiert wurde (Per la ricuperata salute di Ophelia). 1787 ver-
ließ Nancy Storace Wien und führte ihr aufgewühltes Leben vorwiegend in
England und Italien weiter. In der Nacht vom 5. Dezember 1791, also in
derselben Nacht, in der Mozart starb, soll sie einen Bluterguss im Gehirn
erlitten haben, überlebte aber und erschien ein halbes Jahr später wieder auf
der Bühne.
Die zweite Sängerin in Prima la musica, Tonina, die Rivalin der von Nan-
cy Storace verkörperten Donna Eleonora, war Celeste Coltellini, die nur eine
sehr kurze Zeit in Wien verbrachte. Die Gegenüberstellung der beiden Perso-
nen scheint auch in der Wirklichkeit bestanden zu haben, wie aus den Worten
von Joseph II. hervorgeht: (...) elle (C.Coltellini) a beaucoup moins de voix et
moins agréable que la Storacci,1 son jeu est chargé, mais on ne sauroit nier,
qu’elle ne joue assés bien differens caracteres dans le quels elle entre assés
subitement.2 Die Coltellini soll ein großes schauspielerisches Talent und
überdies tänzerische Fähigkeiten besessen haben, aber im Gegensatz zur
Storace keine herausragende stimmliche Begabung. Ungewöhnlich für eine
Buffa-Sängerin war ihre prominente Rolle im gesellschaftlichen Leben Nea-
pels. Sie führte nämlich gemeinsam mit ihren Schwestern, ebenfalls Sänge-
rinnen, einen Salon, der im künstlerischen und intellektuellen Leben der Stadt
eine bedeutende Rolle spielte.
Die beiden männlichen Darsteller von Prima la musica, Stefano Mandini
als Poeta und Francesco Benucci als Maestro di cappella (Theater im Thea-
ter!), gehörten beide, ebenso wie die Storace, seit 1783 dem neu gebildeten
italienischen Ensemble Wiens an. Alle drei wirkten 1786 bei der Urauffüh-
rung von Mozarts Le nozze di Figaro mit (Benucci als Figaro, Mandini als
Conte und Nancy Storace als Susanna), sowie bei der Uraufführung von
1 Diese Schreibweise des italienischen Namens Storace ist wohl auf die englische
Aussprache zurückzuführen.
2 R. Payer von Thurn: Joseph II als Theaterdirektor. Wien 1920, S. 39
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Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Titel
- Mozart und Salieri – Partner oder Rivalen?
- Untertitel
- Das Fest in der Orangerie zu Schönbrunn vom 7. Februar 1786
- Autor
- Paolo Budroni
- Verlag
- V&R unipress
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2008
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-477-7
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 135
- Kategorie
- Kunst und Kultur