Seite - 9 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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1.3 Der Jahresablauf an derMetropolitankirche und ihrenFilial-Kirchen in der Stadt Salzburg
burger Bruderschaft Corporis Christi33, die Anna-
Bruderschaft und die Josephs-Bruderschaft34, wobei
sowohl dieAnna-Bruderschaftmit derNikolaikirche
amKai35 als auch dieCorporis-Christi-Bruderschaft
mit der heute nicht mehr bestehenden, dem heili-
gen Salvator geweihten sogenannten „RotenBruder-
schaftskirche“ in derKaigasse36 auch eigeneKirchen
‚besaßen‘.
Seit 1635war der SalzburgerDomauch dieHaupt-
kirche der Stadtpfarre37, daher hatte einer der Stadt-
pfarrkapläne dieGottesdienste der Stadtpfarre, aber
auchTaufenundHochzeiten zu zelebrieren.Während
diese sehrwohl imDomgefeiertwurden, fanden die
Seelenmessen überwiegend in St. Sebastian und in
der Stiftskirche St. Peter statt, weil bei diesenKir-
chen die städtischen Friedhöfe lagen. Seelenmessen
amDomwurdennur für sehrbedeutendeVerstorbene
von höchster Stelle angeordnet:Das bedeutete, dass
nicht die Stadtpfarre dafür zuständig war, sondern
die institutionell höhereEbene derMetropolitankir-
che mit ihren Zelebranten undMusikern. Nicht zu
vergessen sind in diesem Zusammenhang auch die
zahlreichen Jahrestagsmessen, die amDomgestiftet
waren.
1.3 Der Jahresablauf an der
Metropolitankirche und
ihrenFilial-Kirchen in der
Stadt Salzburg
NebendenFestaPallii gabes zahlreicheandereFeste,
die in denHofkalendern als „Hof=undKirchenfeste“
deklariertwaren.Manche davon, besondersHeiligen-
feste, waren an ein bestimmtesDatumgebunden, an-
dere, wieOstern, Pfingsten oderWeihnachten, waren
beweglicheFeste;manche fanden jedenMonat oder
33Klieber, Rupert:Bruderschaften und Liebesbünde nach
Trient. IhrTotendienst, ZuspruchundStellenwert imkirch-
lichen und gesellschaftlichen Leben amBeispiel Salzburg
1600–1950, Frankfurt/Main u.a.: Peter Lang 1999, (Schrif-
tenreihe des Erzbischof-Rohracher-Studienfonds, 4), S. 99.
34Ebd., S. 361ff.
35DieBruderschaft erhielt dasNutzungsrecht für dieseKirche
vermutlich nach 1614, nachdem es an ihremursprünglichen
Sitz in derNonnbergerKlosterkirche zu „Unstimmigkeiten
über gottesdienstlicheVerrichtungen“gekommenwar.Ebd.,
S. 192.
36Ebd., S. 82.
37Vgl. dazu unten S. 78. einmal im Vierteljahr statt, andere nur einmal im
Jahr.
JedesJahramPalmsonntagbeganndas40-stündige
Gebet38, dasandiesemunddenzwei folgendenTagen
abends um 18:30Uhrmit einer festlichenmusikali-
schen Sakramentslitanei beschlossenwurde.Diese fei-
erlichenLitaneienwurdennichtaufdenMusikerempo-
renund imAltarraummusiziert, sondern–vermutlich
weil amHauptaltar dasAllerheiligste ausgesetztwar
– auf derWestempore (zu dieser Praxis→ S. 135),
wie in verschiedenen Quellen bestätigt wird.39 Im
Hofkalender erwähntwerden auch 40-stündigeGebe-
te an der Universitätskirche im Februar40, bei den
Franziskanern (beginnend amPfingstsonntag)41, in
St. Sebastian (beginnend amOstersonntag)42, in der
Kapuzinerkirche imDezember43, bei denTheatinern
(beginnend am31.Dezember)44 und in St. Peter (im
Juli)45, wobei die letzteren drei offenbar erst gegen
Ende des 18. Jahrhunderts in dieHofkalender aufge-
nommenwurden.46
38Das40-stündigeGebetbegann imSalzburgerDomamPalm-
sonntag nach der Palmweihe und endete am darauf fol-
gendenMittwoch vormittags. Dabei dürfte man sich die
zeitliche Abfolge wie folgt vorzustellen haben: Sonntag:
9:00 bis 20:00,Montag: 5:00 bis 20:00,Dienstag: 5:00 bis
20:00,Mittwoch: 7:00 bis 9:00= 40 Stunden. Bei diesem
Gebetwurde dasAllerheiligste amprächtig illuminierten
Hochaltar ausgesetzt und eswurden „von unterschidlichen
Geistlichen, undReligiosen zwey und zwantzig Lob=und
Sinnreiche Predigen, und Sermones vomAllerheiligisten
Sacrament deßAltars, undAllerhöchstenGeheimniß gehal-
ten“.Vgl.Hofkalender 1751. Bei derAnbetungwechselten
verschiedeneGruppen sich ab, und abends um18:30Uhr
wurde jeweils „auf demgrossenChor unter zahlreich=und
wohlbesetzterMusic ein Litaney gehalten.“Vgl. ebd.
39Vgl. das Tagebuch des Heinrich Pichler (Martin, Franz:
„Vom Salzburger Fürstenhof um die Mitte des 18. Jahr-
hunderts“ [Teil 1], in:Mitteilungen der Gesellschaft für
Salzburger Landeskunde, 77 (1937), S. 1–48, hier: S. 37)
und diverseHofkalender, z.B.Hofkalender 1751.
40Hofkalender 1739.
41Hofkalender 1751, fol. B7r.
42Hochfürstlich-Saltzburgischer Kirchen- und Hof-Kalender,
auf das JahrNach derGnadenreichenGeburt unsersHerrn
und Seeligmachers JesuChristiM.DCC.LXV. Samt bey-
gefügtem SCHEMATISMO,Alles zusammen getragen und
auf eigeneUnkösten in denDruck gegeben. VonFrancisc.
Antonius Gilowsky, von Urazowa, Hochfürstl. Truchseß
undCammer-Fourier, Salzburg: JohannJosephMayr 1765,
fol. B4r.
43Hochfürstlich=SalzburgischerKirchen= und/ Staatskalen-
der für das Jahr nach der gnadenreichenGeburt/ unsers
Erlösers/ JesuChristi 1795. Zusammengetragen undmit
gnädigster höchster Bewilligung zumDruck befördert von
BernhardZezi, hochfürstlichenTruchseßundKammerfouri-
er./ ImVerlag desVerfassers, wohnhaft in seinem eigenen
Hause der hochfürstl.Residenz gegenüber, Salzburg:Oberer
1795.
44Ebd.
45Ebd.
46Vermutlich haben sie auch schon vorher bestanden.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur