Seite - 15 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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1.4 MusikalischeVerrichtungen an derMetropolitankirche
tesdienstordnung zu erkennen, die über das ganze 18.
JahrhundertGültigkeit gehabt haben dürfte.96
Ad2. In einerÜbersicht, die alsErgebnis derBefra-
gungvon1786auchdieLitaneienamDomauflistet97,
werden diewöchentlichenLitaneien amSamstag und
jede vor und anMarien-Feiertagen genannt, ferner
eine amFest des hl. Joseph. An den Festen der hl.
Anna, hl. Magdalena, des hl. Laurenz wie auch in
der Oktav des Festes der hl. Anna veranstaltet die
Anna-Bruderschaft ebenfalls Litaneien amDom.
Ad 3.Als 1782LuigiGatti (1740–1817)Hofkapell-
meisterundindieserFunktionselbstverständlichauch
für dieAuftritte derHofkapelle imSalzburgerDom
zuständigwurde, notierte er zu einemunbekannten
Zeitpunkt, vermutlich aber bald nach seinemDienst-
antritt, für seinen eigenen Gebrauch die Feste des
Jahres, ihren jeweiligen liturgischen Rang und die
dabei geltenden Besetzungsregeln imOrdo Festivi-
tatum et Functionum In hacMetropolitanaEcclesia
Salisburg[e]nsi.98Dieses imFolgenden kurzOrdo ge-
nannteDokument ist nicht nur einewertvolleQuelle
für die Besetzungspraxis im letzten Viertel des 18.
Jahrhunderts, sondern listet auch alle Anlässe auf,
bei denendieHofmusikkapelle imDomauftrat, ist al-
so für die hier besprochenen liturgisch-musikalischen
Zusammenhänge in seinerBedeutung nicht zu unter-
schätzen.
Ad 4. und 5. Sogenannte „Gottesdienstordnungen“,
die in den österreichischen Ländern spätestens im
letztenViertel des 18. Jahrhunderts gedruckt vorla-
gen unddie einenÜberblick über alleGottesdienste
der Stadt ermöglichten, gab es in Salzburg erst rela-
tiv spät. Erst imAugust 1828 gibt dieBestehende
Gottesdienst-Ordnung in derMetropolitankirche vom
5. August 1828 genauere Auskunft über die liturgi-
schen undmusikalischenVorgänge an der Salzburger
Metropolitankirche.
96DasCommissionsProtocollumnenntzwei täglicheMessen in
derFrühum5bzw.um7Uhr.AnallenSamstagenundMa-
rienfeiertagen fanden sowohlnachder ersten (amVorabend)
als auch nach der zweitenVesper Litaneien statt, auch an
denFesten St. Joseph, St. Anna undB.M.V. adNives sind
Litaneien erwähnt.Auch dasmonatliche 7-stündigeGebet
ist bereits genannt, wird zu diesemZeitpunkt aber „weillen
dieCustoreymit ihrmDeputat die beleichtung fürderhin
nit erschwingen khan“ (ebd.), auf einGebet von zweimal
einer Stunde reduziert.
97AES,Altbestand,AT-AES 1.2. 22/68Gottesdienstordnung
1653–1790.
98SLA,HKCausaDomini 1803–8Lit. D. Vergleichtman dieseGottesdienstordnungmit der
oben diskutiertenAbfolge derHof-Feste aus denHof-
kalendern des 18. Jahrhunderts, so stellt man fest,
dass sich derAblauf der Feste an derMetropolitan-
kirche nichtwesentlich geändert hat. Es finden sich
dasmonatliche 7-stündige Gebet, die in ihrer Zahl
etwas reduziertenProzessionen, die Sakramentslita-
neien beim 40-stündigenGebet, beginnend amPalm-
sonntag, bei denen etwa ab demzweitenDrittel des
18. Jahrhunderts (→S. 135) „Figuralmusik auf dem
großenChor“99, d.h. auf derWestempore, gemacht
wird, dieLitaneienamFestdeshl. Joseph, derhl.An-
na, an Samstagen undMarienfeiertagen. Zwar spürt
man gelegentlich dieReformenFürsterzbischofHie-
ronymus Colloredos, etwa wenn Feiertage, die auf
Werktage fallen, auf den Sonntag verschoben wer-
den100 oderwenn statt einer Josephs-Litanei amFest
des hl. Joseph eine Lauretanische Litanei vorgeschrie-
benwird. Domchorvikare, erfährtman, gibt es nur
noch sieben, davon sind zwei sehr gebrechlich, und
die Kapelle im SchlossMirabell ist dem verheeren-
denStadtbrandvon1818 zumOpfer gefallen, deshalb
werden die Litaneien in derOktav des hl. Johannes
NepomukamDombegangen.DieMesse amDonners-
tag istnuneinerLauretanischenLitaneigewichen,das
grobeRaster der Feste ist aber in jedemFall bis auf
vergleichsweise kleine Änderungen gleich geblieben.
Während die wenigen Änderungen aus praktischen
Notwendigkeiten erwachsen, bleibt der Ablauf der
Feste und Zeremonien auf der Ebene derMetropo-
litankirche101 in großenZügen sowohl von etwaigen
Reformen als auch von den politischenUmwälzungen
amAnfangdes 19. Jahrhunderts allemAnscheinnach
unberührt.
Zum Vergleich sei hier noch einmal die Passage
zumersten in der Stadt Salzburg offiziell gefeierten
Fest des hl. JohannesNepomuk zitiert (→S. 12),wie
sie derHofkalender von 1726 beinhaltet:
99Gottesdienstordnung 1828, S. 16.
100„Fällt das St. Sebastiansfest auf einen Sonntag, sowird die
Prozeßion an diesemTage gehalten; aber falls es an einem
anderenTagetrift,aufdenSonntagübertragen.“Ebd.,S.28,
Von denProzessionen.
101Dasmuss hier betontwerden, denn dieReformenHierony-
mus Colloredos in den 80er-Jahren des 18. Jahrhunderts
waren einschneidend, aber nicht auf der Ebene derMetro-
politankirche, sondernauf jener derPfarrkirchen.DenDom
betrafen sie lediglich als Stadtpfarrkirche, nicht aber als
Metropolitankirche.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur