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Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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Seite - 21 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult

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1.5 Diemusikalisch aktivenGruppen undzwar solemnissimemitvollerMusik,wie in Festis Pallii.“130 AndiesemBeispiel wird auch ersichtlich, wie ein Konflikt zwischen demGeburtstag desKaisers, der wie einFestumPallii zu behandelnwar, und einem Sonntag in der Fastenzeit im 19. Jahrhundert gelöst wurde:DerDomchor sang zunächst eineQuadrage- simalmesse (ohne begleitendes Orchester, lediglich mitBasso-continuo-Begleitung), danachwurde vom Erzbischof ein solennesHochamtmit Solisten,Chor und großer Instrumentalbesetzung gefeiert. Diesen Konflikt hätte es im18. Jahrhundert nicht gegeben, denn zum Geburtstag des Fürsterzbischofs wurde zwarnachweislich eine„Gala“gehaltenundgratuliert, nicht aber vomKalender desKirchenjahres abgewi- chen. Die Verpflichtung zum Stundengebet umfasste selbstverständlichdieGestaltung zahlreicherVespern, die anWerktagen und normalen Sonntagen nur gebe- tet, anVortagen vonAnniversarien und an „solchen Sonntagen, wo das Stundgebeth [d.h. das 7- oder 40- stündigeGebet] einfällt [...] choraliter abgesungen“ wurden.131DieGottesdienstordnung hält unmissver- ständlich fest, dass, wenn der Fürsterzbischof, wie gewöhnlich an denVorabenden vonHochfesten, die Vesper selbst zelebrierte, allePsalmen „figuraliter“, alsomitDomchor, Solisten undOrchestermusiziert wurden; hielt hingegen ein andererPriester dieVes- per, wurden nur die SätzeDixit Dominus und das Magnificat in voller Besetzung ausgeführt.132Entge- gen der in der Literatur133 vertretenenAnsicht, die Binnenpsalmenseienchoralitergesungenworden,wur- dendiese laut derGottesdienstordnung von1828 vom Domchor „vierstimmig ohne Instrumentalbegleitung“ musiziert.134Die Erklärung liefert die oben bereits zitierte Passage aus denNotizen „Die Psalmen der Laudes sindwie [in] einer figuratenVesperwechsel- weischoraliterundfalsopartonogesungen“135, dieauf 130Notizen, S. 24–25 [27–28]. 131Gottesdienstordnung 1828, S. 6. 132Demnach dürfte die Einteilung in solenn besetzteKomposi- tionen, d.h.mitTrompeten undPauken, für die vomErz- bischof zelebriertenVespergottesdienste und nicht solenn besetzte fürandereZelebranten,wieHaspel sieversucht, für dieseWerkgruppe nicht haltbar sein.Vgl.Haspel:Mozarts Vespermusiken, S. 88. 133Vgl. z.B. Schmid/Eder:Mozart in Salzburg, S. 52, und Haspel:Mozarts Vespermusiken, S. 88. 134Gottesdienstordnung 1828, S. 6. 135AES,Altbestand,AT-AES 1.2.1/42/2, S. 33–35 [38]. eine imFaux-bourdon ausgeführteMehrstimmigkeit bei denBinnenpsalmen hindeutet. UlrichHaspel kommt bezüglich der Frage, ob Li- taneien imSalzburgerDom imZusammenhangmit Vespern gehalten wurden, worauf etwa eine Samm- lung vonVespermusikenmit beigefügter Litanei von Heinrich Ignaz Franz Biber aus dem Jahr 1693136 hindeutet, zu demSchluss, dass Litaneien in keinem Fall denAbschluss vonVespern bildeten, eineVerbin- dung vonVesper undLitanei jedoch nicht zweifelsfrei ausgeschlossenwerdenkönne.137ThomasHochradner interpretiert dies dahingehend, dass „es im späten 17. Jahrhundert – analog zurPraxis in derWienerHof- musikkapelle – üblich gewesen sei, imAnschluss an dieVesper eine Litanei zu halten [...]“, wovonman imLaufe des 18. Jahrhunderts jedoch abgekommen sei.138 Letzteres bestätigen die jetzt ausgewerteten Quellen allerdings nicht. Wenig überraschend sind im Commissions Protocollum von 1699 noch „alle Sambs: undU[nserer] L[ieben] Fr[auen] Festag sowol postPrimas als respective secundaVesperas die Lita- nias Lauretanas in choro“, also an allen Samstagen undMarienfeiertagenLitaneien nach derVesper ge- nannt. Erstaunlicherweise findet sich aber beinahe 130Jahre später inderGottesdienstordnung von1828 eine in ihrerKonsequenz für den angenommenenZu- sammenhang von Vespern und Litaneien praktisch gleichlautendeAnweisung, was einmalmehr ein In- diz für die Kontinuität der liturgischen Praxis am SalzburgerDom ist: „AnWerktägenwird dieVespermit dem Completorium um3Uhr, in der Fastenzeit nur dasCompletorium gebethet, außer an denTägen,wo einAnniversarium fällt, wer- den denTag zuvor umhalbe 3Uhr dieVes- peraeDefunctorum und dasMatutinum sub unoNocturno recitieret. Nach demComple- toriumwird derRosenkranz gebethet, und derSegenmitdemCiborium ertheilet, außer andenDonners-undSamstägen, anwelchen die Lauretanische Litaney figuraliter abge- sungenwird.“139 136Vesperae Longiores ac Breviores una cumLitaniis Laureta- nis, AES,A-Sd,A 173. 137Haspel:Mozarts Vespermusiken, S. 60. 138Hochradner: „ZwischenHöhepunkten“, S. 243. 139Gottesdienstordnung 1828, S. 5f. 21
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Musik am Dom zu Salzburg Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
Titel
Musik am Dom zu Salzburg
Untertitel
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
Autoren
Eva Neumayr
Lars E. Laubhold
Ernst Hintermaier
Verlag
Hollitzer Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-99012-540-0
Abmessungen
21.0 x 30.2 cm
Seiten
432
Kategorie
Kunst und Kultur
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