Seite - 32 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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1 DerDomalsMetropolitankirche
ständigesVerzeichniß sämmtlicher in hiesiger Stadt
herkömmlicherGottesdienste befindet, einer genauen
Kenntniß aber dieserGottesdienste demOrdinaria-
te umsowesentlicher ist, als die hochlöbl: Landesre-
gierung schon unterm 16. Jänner 1822 Z:1119 und
gedruktes Exemplar der in den österreichischenPro-
vinzen gesetzlich eingeführtenGottesdienstordnung
zur gleichförmigenEinführung auch in der salzburg:
Erzdiözesemitgetheilt hatte; so ergieng unterm9ten
Julyd:J:Z:1524derAuftragandieKirchenvorstände
einstweilen der hiesigen Stadt undVorstädte, verläßi-
geVerzeichnißeallerGottesdienste,die in jederKirche
das ganze Jahr hindurch gehaltenwerden, einzusen-
den.DieVerzeichniße sindbereits eingesendetworden.
Als die hoheLandesregierung ind[em] J[ahr] 1822die
österreich:Gottesdienstordnung zurEinführungmit-
getheilt hatte, ließ sich dasConsistoriumangelegen
seyn, diesenGegenstandwohl zu erwägen; die [S. 2]
Erwägungaber führteauf sovieleSchwierigkeiten,daß
man sich nicht entschließen konnte, das bestehende
zu ändern. So gieng es alenfalls vor 41 Jahren, als
man in d[em] J[ahr] 1786 eine allgemeineAndachts-
ordnung einführen und dieGottesdienstordnung von
Innsbruck zur Grundlage nehmen wollte: die Dieß-
falls niedergesetzteCommission kamendlich zu der
Ansicht, daß esmit derAusführung der gemachten
Vorschläge die zuviele Vorbereitungen und vorläu-
fige Belehrungen des Volkes undClerus erheischen,
gerathener sey, auf eine gelegenere Zeit zu warten.
So urtheilte man zu einer Zeit, in der man bereits
mehrereReformenkühndurchgesetzthatte.Dieöster-
reichischeGottesdienstordnungmitderaufgetragenen
Gleichförmigkeit einzuführen ist ganz unmöglich:
a.) inÖsterreichwarendieBruderschaften aufgeho-
ben, alsman zurEinführung einer neuenAndachts-
ordnung schritt; für Salzburg haben Sr k:k:Majestät
das fortbestehen [S. 3]derBruderschaften, somitauch
ihrerAndachten gnädigst genehmiget;
b.) InOesterreich hobman Segenmessen,musikali-
sche Litaneyen,Novenen,Rosenkränze, Prozessionen
auf, die hier vielfältig gestiftet, oder durch einmehr
alshundertjährigesHerkommendemVolkeangewohnt
sind;
c.) Die österreich:Gottesdienstordnung berücksich-
tigetvorzüglichdiePfarrkirchen,undbeschränktganz
besonders dieGottesdienste in denKloster=undNe- benkirchen. In Salzburgwürde diese Beschränkung
vorzüglich inMännerklöstern sehr auffallen, weil ge-
rade damehrereGeistliche sind: einigeGottesdienste
zu St. Peter, in der Franziskaner= als ehemaliger
Pfarrkirche, auch inderDreyfaltigkeitskirche gehören
mit zur allgemeinen Stadtgottesdienstordnung. In an-
derenNebenkirchenwurdenmeistens nur gestiftete,
Bruderschafts= oder alt herkömmlicheGottesdienste
gehalten.
d.) InOesterreichwar es viel leichter denVolkskir-
chengesang einzuführen. In Salzburg fand die oben
[S.4] erwähnteCommissionschon imJ:1786nothwen-
dig, aufmerksam zumachen: „Selbst die Einführung
des neuenKirchengesanges,mit dem es immer noch
nicht recht für sich gehenwill, dient allein schon zum
Beyspiel, wie schwer es halte, das Volk von seinen
einmal gewohntenGebethenundAndachtenab=und
zu besseren und erbaulicheren hinzuleiten.“DieGe-
genwart beweiset, wieweitman jetztmit demVolks-
gesange gekommen ist!
e.) In einigen Stücken ist man, wie ich glaube,
selbst inOesterreich von der vorgeschriebenenGot-
tesdienstordnungwieder abgekommen z.B. daß der
ChorNachmittags inKlösternbeygeschlossenenThü-
ren gehaltenwerde, daß dasHochwürdigste nach den
Charfreytags=Ceremonien verschlossen bleibe, und
dieBeleuchtung nur in einer Lampe bestehe. Indes-
sen enthält die österreich:Gottesdienstordnung einige
Vorschriften, die eintweder schon befolgtwerden oder
allmählich zurBeobachtung gebrachtwerden können.
[S. 5]
A. Frühpredigten.
In der Stadt bestehen diese um 5 1/2Uhr in der
franziskanischen, [um] 6 1/2 [Uhr] in der Spitalpfarr-
kirche. In derVorstadt=PfarrkircheMühln finde ich
keine Frühpredigt verzeichnet; sie ist auch von der
dermaligenGeistlichkeit daselbst nicht zu erwarten,
dürfte aber in der folge eingeführtwerden.
B. SpäterePredigten
ImDom, St: Sebastian und in derPfarrkirche zu
Mühln um8Uhr in derDreyfaltigkeitskircheNach-
mittags 2 Uhr, immer zahlreich besucht. Da in der
Stadt Salzburg alle Sonntage ein 7 stündigesGebeth
gehaltenwird, womit immer eine nachmittägigePre-
digt verbunden ist; so erhält das Volk eine Predigt
auch noch
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur