Seite - 45 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
Bild der Seite - 45 -
Text der Seite - 45 -
2.1 Das 17. und 18. Jahrhundert
burger Fürsterzbischof zum1100-jährigen Jubiläum
desErzstiftes Salzburg imJahre 1682widmete.Das
kirchenmusikalischeVokalschaffenMuffats lässt sich
heute nurmehr in derMissa in labore requies, einer
Messe zu 24 Stimmen, geteilt in zweiVokal- und drei
Instrumentalchöre samtBasso continuo, nachweisen.
Nach demZeugnis seinesAmtsnachfolgers inPassau,
BenediktAntonAufschnaiter, soll er nichtmehr als
drei Messen, ein Offertorium und zwei Salve Regi-
na „hinterlassen“ und dies „auf seinemTotenbette
bedauert“ haben.43Obwohl für diese Partitur Salz-
burger Papier verwendetwurde, ist dieBestimmung
derMesse für Salzburg nicht gesichert.Muffat könnte
sie auch für dieAmtseinführung von JohannPhilipp
Graf Lamberg als Bischof von Passau zu Pfingsten
1690 geschrieben haben, wofür vor allem der Titel
derMesse In labore requies, ein Zitat aus der vierten
Strophe der Pfingstsequenz „Veni Sancte Spiritus“,
spricht.
Lediglich in der musikdramatischen Kunst konn-
te sich der Salzburger Hof nach ErzbischofMarkus
Sittikus nichtmehrmit benachbartenFürstenhöfen
messen.Mit einer bescheidenen Bühne in der Salz-
burgerResidenz und einer großenTheaterbühne an
derBenediktineruniversitätwar die SalzburgerThea-
terlandschaft stärker auf das geistliche Schauspiel
ausgerichtet. Die Überlieferung musikdramatischer
Werke SalzburgerHofkomponisten ist imGegensatz
zurÜberlieferung geistlicher sehr spärlich. So ist aus
der Feder Bibers nur das DrammamusicaleChi la
dura la vince44 nach einemLibretto des in denDiens-
ten des SalzburgerErzbischofs stehendenFrancesco
MariaRaffaelini als handschriftlicheWidmungspar-
titur für Fürsterzbischof Johann Ernst Graf Thun
43Zit. nach Hintermaier: „Es kundt im Himmel“, S. 162.
Die autographe Partiturniederschrift derMissa in labore
requies kam über die NachkommenMuffats zunächst in
denBesitz JosephHaydns und aus dessenNachlass in die
Esterházy’sche Musikaliensammlung. Heute befindet sie
sich inOrszágos SzéchenyiKönyvtár, BudapestMs.Mus.
IV. 521, ediert in:Muffat,Georg;Hintermaier, Ernst
(Hrsg.):Missa in labore requies zu 24 Stimmen für zwei
vokal-, drei Instrumentalchöre und Basso continuo, Salz-
burg:Selke1995, (Denkmäler derMusik inSalzburg, 5; zugl.
Schriftenreihe des SalzburgerKonsistorialarchivs, 3).
44Dahms, Sibylle (Einführung):Heinrich FranzBiber. Chi la
dura la vince (Wer ausharrt, siegt). Drammamusicale in
drei Akten. Text vonFrancescoMariaRaffaelini (?). Fak-
simile derPartiturHs 560 aus demBesitz des Salzburger
MuseumCarolinoAugusteum,Salzburg: Selke 2004, (Denk-
mäler derMusik in Salzburg, Faksimile-Ausgaben, 10). erhalten geblieben45. VonMuffat dagegen ist keine
musikdramatischeKomposition erhalten, von seiner
OperPlutone lässt sich, wie vonweiterenOpernBi-
bers, nur dasTextbuch46 nachweisen.
MaxGandolphsNachfolger,FürsterzbischofJohann
ErnstGrafThun, finanzierteMuffat amEnde seiner
SalzburgerKarriere denDruckdesApparatusmusico-
organisticus, der 1690 bei Johann Baptist Mayr in
Salzburg in einer prachtvollen und aufwendigenAus-
gabe aufKostendesErzbischofsmit derWidmungan
Kaiser Leopold I. erschien, in dessenDiensteMuffat
vergeblichAufnahme suchte. Ermusstemit demHof-
kapellmeisteramt amPassauerHof vonFürstbischof
JohannPhilippGraf Lamberg vorlieb nehmen.
Der Stilwandel vomHoch- zumSpätbarock
Nach demTodFürsterzbischofs JohannErnstGraf
Thun imApril 1709 wandelte sich dieMusikpflege
am Salzburger Hof spürbar. Der neugewählte Salz-
burger Fürsterzbischof Franz Anton Fürst Harrach
(reg. 1709–1727), dessenFamilie aus altemböhmisch-
oberösterreichischem Adel stammte, war mit dem
kaiserlichenHof, wo seinVater FerdinandBonaven-
tura Graf Harrach das hohe Amt des kaiserlichen
Obersthofmeisters innehatte, spätestens seit seiner
Ernennung zumBischof vonWien durchLeopold I.
1702 aufs engste verbunden.
Mit demErzstift Salzburg stand er ab 1705 alsAd-
ministratorJohannErnstThuns inVerbindung.Nach
einer StabilisierungderFinanzlagedesErzstifts unter
seinemVorgänger konnteHarrach seineKunstpläne
in Salzburg, sicherlich nach kaiserlichenVorbildern,
verwirklichen.Als Fürsterzbischof ab 1709war ihm
keinKünstler zu teuer. Er beschäftigte nicht nur die
Baumeister Johann Fischer von Erlach und Lukas
vonHildebrandt, denBildhauerRaphaelDonner, die
45DasManuskript gelangte 1839 als SchenkungA.Fendts an
das „städt.Museum in Salzburg“ (heute SalzburgMuse-
um). Vgl.Gassner, Joseph: „Die Musikaliensammlung
im Salzburger Museum Carolino Augusteum“, in:Kurt
Willvonseder (Hrsg.):SalzburgerMuseumCarolinoAu-
gusteum. Jahresschrift 1961, Salzburg: SalzburgerMuseum
CarolinoAugusteum1962, S. 119–365, hier: S. 140.
46Salzburg, Franziskanerkloster (A-Sfr) 86/10.7: LEFATALI
FE- / LICITADI /PLUTONE, /DRAMMAPERMUSI-
CA/CONSACRATO/All’[...] GIOVANNI /ERNESTO
/Arcivescovo, e Prencipe / di SalisburghoPrencipe, / [...]
e Conte di /THUN,&c.&c. /Posto inMusica dal Sig. /
GIORGIOMUFFATOrganista,& /Ajutante di Cammera
/Di detta Altezza Reverendiss. / IN SALISBURGHO, /
AppressoMELCHIORHAAN, Stampatore.
45
Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur