Seite - 51 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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2.1 Das 17. und 18. Jahrhundert
reHalleinerOrganistAnton Jetzt, dieChorregenten
derBenediktinerabteiKremsmünsterGeorgPasterwiz
undPlacidus Fixlmillner, PlacidusChristadler und
NikolausMaichelbeck aus derBenediktinerabteiOt-
tobeuren und derChorregent vonAltötting, Johann
Georg Rainprechter97 (d 1800). Auch LeopoldMo-
zart könnte durchausKompositionsschüler Eberlins
gewesen sein.Aus derBenediktinerabteiWeingarten
kommenvorallemP.MeingosusRottach (1711–1760),
JohannBaptist Barmann (1709–1788) undP.Chri-
stophVogel (1722–1767) als seine Schüler inBetracht.
Alle diese Schüler dürften zurVerbreitung seinesWer-
kes in süddeutschen und österreichischen Klöstern
und Pfarrkirchen entscheidend beigetragen haben.
Auch Eberlins älteste Tochter Maria Caecilia Bar-
baraEberlin (1728–1766), die 1751 denHofbassisten
JosephNikolausMeissner heiratete, ist alsKomponis-
tin nachgewiesen98 undwurde sicherlich von ihrem
Vater ausgebildet.99
LeopoldMozartsUrteile über seineBerufskollegen
fielen oft kritisch aus, doch selbst bei ihm schimmert
Bewunderung durch, wenn er die kompositorischen
Fähigkeiten seines Landsmanns beschreibt:
„Er hat die Töne ganz in seinerGewalt;
und setzetmit solcherBehendigkeit, daß es
macher für eine Fabel haltenwürde, wenn
man ihmdie Zeit bestimmenwollte, inwel-
cher dieser gründliche Setzer diese oder je-
ne beträchtlicheComposition zu Stande ge-
bracht hat.“100
Einige Jahre später sollteVaterMozart für seinen
Sohnjenesheute inderBritishLibraryverwahrteHeft
mit demTitelKirchenmusiken verschiedenerMeis-
ter101 anlegen, in das er, neben dreiWerken von Jo-
hannMichaelHaydn, nichtweniger als 16Werkebzw.
Werkausschnitte JohannErnstEberlins aufnahm, die
97Sein Sohn JohannNepomukRainprechter (1752–1812)war
ab 1773Regens chori der Erzabtei St. Peter.
98Bayerische Staatsbibliothek, München (D-Mbs), Mus.ms.
1336,Mus.ms. 1337,Mus.ms. 1338,Mus.ms. 1339.
99Neumayr, Eva: [Art.:] „Maria Caecilia Eberlin“, in:
Beatrix Borchard (Hrsg.): MUGI. Musikvermittlung
und Genderforschung: Lexikon und multimediale Prä-
sentationen, Hochschule für Musik und Theater Ham-
burg, 2003ff. 〈URL: http://mugi.hfmt-hamburg.de/artikel/
Maria_Caecilia_Eberlin〉 –Zugriff am13.01.2015.
100[L.Mozart]: „Nachricht von demgegenwärtigen Zustande“,
S. 183.
101British Library, London (GB-Lbl), Musiksammlung, Add
MS41633. seinen Sohnmit demKirchenstil bekanntmachen soll-
ten.DasErgebnis dieserBeschäftigungwaren nicht
nurWerkewie das „MisericordiasDomini“KV222,
in demWolfgang Amadé Mozart das Thema von
EberlinsOffertorium„Benedixisti“ neu verarbeitete,
sondern eineVertrautheitmit dem„kirchen stil“, den
er sich „von Jugend auf [...] ganz eigen gemacht ha-
be“102, wieWolfgangAmadéMozart 1790 in einem
Gesuchentwurf an Erzherzog Franz vonÖsterreich,
den ältesten SohnKaiser Leopolds II. und späteren
Kaiser Franz II./I., betont. Noch imJänner 1783 bit-
tet er seinenVater, ihm für die Zusammenkünfte bei
Baron van Swieten die „auf kleinemPapier blau ein-
gebundeneKontrapunkte vonEberlin und etwelche
SachenvonHaydn“103 zuschicken,undbezeugtam20.
April 1782 „allenRespect für seinen [Eberlins] 4stim-
migenSatze“, auchwenndieEinschätzungderFugen
Eberlins nichtmehr allzu schmeichelhaft ausfällt.104
Gerade Eberlins IXToccaten und Fugen sind es je-
doch,durchderenwahrscheinlichvonLeopoldMozart
vermitteltenDruck bei Lotter in Augsburg Eberlin
überregionaleBekanntheit erlangte,weil sie sichnoch
nach1800durchzahlreicheNeudrucke,Bearbeitungen
undAufnahmen in Sammlungen105 verbreiteten.
Mit Eberlins Tod im Juni 1762 endete die Reihe
der ‚deutschen‘Kapellmeister amSalzburgerHof.Mit
dem 62-jährigenGiuseppe Lolli wurde ein Nachfol-
ger imAmtdesHofkapellmeisters dekretiert, der zu
dieser Zeit schon 40 Jahre alsMusiker in denDiens-
ten der Salzburger Erzbischöfe gestanden und davon
20 Jahre alsVizekapellmeister gewirkt hatte, in der
kompositorischenKompetenz undProduktivität aber
einemJohannErnst Eberlin (undwohl nicht nur die-
sem) deutlich unterlegenwar, wie LeopoldMozarts
auffällig nichtssagendesUrteil suggeriert:
„Vicekapellmeister.
Herr JosephLolli ausBologna in Italien,
war vorherTenorist. Er hat ausser einigen
Oratorien, für dieKammer fast nichts, für
102Bauer/Deutsch:Mozart.BriefeundAufzeichnungen,Bd.4,
S. 107.
103Ebd., Bd. 3, S. 248.
104Ebd., Bd. 3, S. 203.
105Schneider-Cuvay,MariaMichaela:Die Instrumentalwer-
ke JohannErnst Eberlins. 2 Bde.Dissertation,Universität
Salzburg 1975, S. 33–34.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur