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2 Geschichte derMusik an derMetropolitankirche
denwar, gabHieronymus am 4. August 1772 seine
Entschließung bekannt:
„[... ] SofernederKapellmeisterFischietti
ein jährlicherGehalt von 800Gulden fürAl-
les&Jedes unter denweiterenBedingnissen
annehmlich scheinet, daß derselbe hierfür
nicht allein dieDirektion über unserHof=
u. Theatral= dannDom=Musique führen,
sondernauch fürdenUnterrichtunsererSän-
gerinnen u. desKapellhauses Sorge tragen
solle, und selbiger zurReyße sich aniezo ent-
schlüßenwolle, so könntestDumit solchem
vorläufig einen Contract für dermalen auf
drey Jahre schließen und denselben zurEr-
spahrung besonderer Unkosten gleich mit
Dir hierher bringen, auch ihme nach ohn-
zweifelt gut geleistetenDienste unsereweite-
ren gnädigen gesinnungen versicheren [...]“
Dieser Entschließung fügteHieronymus amnächs-
ten Tag noch den bemerkenswertenWunsch hinzu,
dasser„esgernesehete,wennihnVagenseilundHasse
[...] noch schriftlich rekommendirten“.
Fischietti dürfte sichmit derHöhe des gebotenen
Gehaltes nicht gleich einverstanden erklärt haben,
sodass der Fürsterzbischof am11.August 1772 noch
ein Zugeständnismachte:
„Dem Fischietti kan ich mehr nicht als
die jährlichen 800 fl. für alles u. jedes geben.
Eberling [!] hatte 600fl.unddieOfficirstafel,
da ich aber solche aufhebenwill so gebe ich
200 fl. dafür, sollte einmahl der berühmte
Lolli für dieAuserwählten imHimmel com-
poniren gehen, so werde ich trachten, ihm
ein quartir zu verleihen.“164
Fischietti, derwahrscheinlich innächsterZeit keine
AussichtaufeinbesseresEngagementhatte,nahmdas
AngebotanundkaminderzweitenAugusthälftenach
Salzburg.Am5. September 1772 unterzeichnete der
Fürsterzbischof schließlich dasDekret, womit Fischi-
etti definitiv als Hofkapellmeister angestellt wurde.
Wie aus demHofkammerdekret an dasHofzahlamt
hervorgeht, hat ihn der Fürsterzbischof als „wirkli-
chen“Kapellmeistermit jährlich 800fl. „für alles und
164Hintermaier:Die Salzburger Hofkapelle, S. 118. iedes“ (d.h. inklusive Kostgeld) auf drei Jahre auf-
genommen, „mit deme, daß nach derenVerlauf es in
Höchstdero und des FischiettiWillkiir stehen solle,
denContract zu verlängern oder ganz aufzuheben“.
Am31.März1773gewährte er ihm,obwohlLolli noch
nicht gestorbenwar, ein jährlichesQuartiergeld von
80 fl., „bis sich für ihn ein anständiges Freyquartier
wird finden lassen“.
Über Fischiettismusikalisches Schaffen in und für
Salzburgwar bislangwenig bekannt.An kirchenmu-
sikalischenWerken sind eineMesse inB, die bereits
erwähnte sogenannteProbemesse165, siebenPsalmver-
tonungen, darunter eineVertonung der vierVesper-
psalmen „Confitebor“, „Beatus vir“, „Laudate pueri“
und„LaudateDominum“166, einDixit167undeinMa-
gnificat168, eine Litanei169, einRegina coeli170 und
zweiOffertorien171 erhalten.Dasdecktsich imGroßen
undGanzenmit denWerken, die heute inDresden
erhalten sind172; es ist demnach zuvermuten, dassFi-
schietti seineKompositionsverpflichtungen als Leiter
derMusik an derMetropolitankirche vor allemmit
Werken erfüllte, die bereits in Dresden entstanden
waren.
ImGegensatzdazuentfalteteFischietti aufdemGe-
biet derOper einiges anAktivität.Ein ersterHinweis,
dass Fischiettimit theatralischerMusik in Salzburg
165A-Sd,A 1131; neben demoriginalen Stimmenmaterial der
HofkopistenMaximilianRaabundJosephRichardEstlinger
hat sich imDommusikarchivaucheinePartiturdesSanctus
undAgnusDei erhalten, die imZuge derKatalogisierung
derBestände derDommusik fürRISMderProbemesse zu-
geordnetwerden konnte. Außerdemwurde glücklicherweise
bei Forschungsarbeiten derRISMArbeitsgruppe Salzburg
in derBibliotecamusicale ‚G.Greggiati‘ inOstiglia (Ober-
italien) imApril 2011 der ersteTeil der PartiturmitKyrie,
Gloria undCredo (I-OS,Mss.Mus. B 4483) gefunden, der
vermutlichmit demNachlass desHofkapellmeisters Luigi
Gatti (1740–1817) in die Sammlung ‚Greggiati‘ gekommen
war. Sehrwahrscheinlich handelt es sich bei demSchreiber
dieser zwar inOstigliaundSalzburggetrenntaufbewahrten,
aber nun vollständigen Partitur um einenDresdner oder
WienerKopisten.
166A-Sd,A 1133.
167A-Sd,A 1132.
168A-Sd,A 1134.
169A-Sd,A 1135
170A-Sd,A 1164.
171A-Sd,A 1136 undA1137.
172Poppe nennt „zweiMessen, zweiOffertorien, achtPsalmen,
einMagnificat, zweimarianischeAntiphonensowieeineLita-
nie lauretanaemit ‚Sub tuumpraesidium‘ inPartiturkopien
aus derPrivat-Musikaliensammlung desHerrscherhauses“
und vermutet, Fischietti habe die „autographenPartituren
seiner für dieHofkirche komponiertenWerke nachSalzburg
mitgenommen“.Poppe: „Dienstordnung“, S. 223f.Genau-
eres wird sich aber erst sagen lassen, wenn die von ihm
erwähntenWerke fürRISMaufgenommenworden sind.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur