Seite - 64 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
Bild der Seite - 64 -
Text der Seite - 64 -
2 Geschichte derMusik an derMetropolitankirche
präsentierte sich am8.März 1778 imTeatro Scien-
tificomit derKantateReligio eMantova195 LG2.5,
dieAntonTheodor gefallen haben dürfte, sodass er
seinem Cousin Hieronymus, als dieser am 17. Mai
1778 imSalzburgerDom seineWeihe zumErzbischof
vollzog, vonLuigiGatti nurLobendes berichtete.Am
11. Juni 1778 schildert LeopoldMozart seinemSohn
die Versuche des Fürsterzbischofs, nicht nur einen
Hofkapellmeister, sondern auch „Organisten undCla-
vieristen“ für dieHofmusik zu finden.
„DerErzbischof schreibt ganz Italien aus,
und bekommt keinen Capellmeister, – er
schreibt nachWienn undPrag undKönigs-
grez undbekommtkeinen anständigenOr-
ganisten undClavieristen – unter den Ca-
pellm[ei]st[e]rn istmitBertoni nichts zuma-
chen – und – lache! Luigi gatti vonMantua,
den der Erzb: von Ollmütz als einen vor-
nehmen Clavierspieler angerühmt, den du
kennst, der deine Messe in Mantua abge-
schrieben, und demderOlmützer fürst hat
schreibenmüssen, willMantua nicht verlas-
sen, sondern nur auf 2, 3, Monate heraus-
kommen.“196
Gatti hatte damals anscheinend wenig Interesse,
Mantua zu verlassen. 1779wurde er zumVizekapell-
meister anderHofkircheS.Barbara ernannt, dazuka-
menweitereErfolgealsKomponist:LaNitteti (LG1.3,
1779), Il ratto delle Sabine (Ballett, LG 4.4, 1780),
Il martirio dei Santi Nazario e Celso (Oratorium,
LG5.4),Antigono (LG1.4, gemeinsammitPasqua-
leAnfossi,Mailänder Scala, 1781) undL’Olimpiade
(LG1.5,Mantua, 1781).Dass jedochHieronymusCol-
loredo bei derWahl seinesHofkapellmeisters den ar-
rivierten italienischenOpernkomponisten LuigiGatti
demnoch sehr jungen, gerade inMünchen an Idome-
neo arbeitendenWolfgangAmadéMozart vorzog, ist
aus seiner Sicht verständlich. SounterschriebGatti in
Mantua am11. Februar 1781 den ihmaus Salzburg
übermitteltenVertrag, reiste aber erst fast eineinhalb
195Dadas Libretto neben demGattungstitel nur denAuffüh-
rungsort,denWidmungsträgerunddenKomponistennennt,
wurde dasWerk vonAlessandro Lattanzi nach den beiden
Hauptprotagonisten benannt undunter diesemNamen in
dasWerkverzeichnis aufgenommen.
196Bauer/Deutsch:Mozart.BriefeundAufzeichnungen,Bd.2,
S. 373. Jahre später ab.Am1. Juli 1782 nahmer seineTä-
tigkeit in Salzburg auf, seine definitiveDekretierung
erfolgte am14. Februar 1783.
Mit seinemWechsel nachSalzburgbegab sichLuigi
Gatti in ein gänzlich anderesUmfeld. Als Fürsterzbi-
schofHieronymusColloredoimJahre1772dasErzstift
und Erzbistum Salzburg übernommen hatte, hatte
er eine gut organisierteHofmusikkapellemit einzel-
nen hervorragenden Instrumentalisten vorgefunden.
Weil der ehemalige Reichtum des kleinen Fürsterz-
bistums sich sehr vermindert hatte, war der neue
Landesherr bemüht, dieArmut imLande vor allem
durchEinsparungen imkulturellen und repräsentati-
venSektorderHofhaltung zu reduzieren.Das traf vor
allemMusiktheater-Aufführungen beiHof, die in sei-
nerRegierungszeit nurmehr sehr selten stattfanden.
Auch dasUniversitätstheaterwurde 1778 geschlossen.
Einen Ausgleich versuchte der Fürsterzbischof den
theaterbegeisterten Salzburgern zu bieten, indem er
den SalzburgerMagistrat zwang, das „Ballhaus“ zu
einemöffentlichenTheater umzubauen197, das in der
Folge vonWandertruppen bespielt wurde.198
Als vier Jahre später LuigiGatti im Juli 1782 sei-
nen Dienst in Salzburg antrat, war er weniger als
Opernkomponist, als der er in Italien reüssiert hat-
te, sondern alsKirchenkomponist gefragt, denn ein
großes kirchliches Festwar inVorbereitung: Erzstift
undErzdiözese Salzburg feierten imSeptember 1782
den zwölfhundertsten Jahrestag der Ankunft ihres
Gründers, des hl. Rupert, und zugleich das Jubiläum
desLandespatronsmit einerFestoktav.199Beginnend
amVorabend des 1. September waren täglich Ves-
pern, Hochämter, Umzüge und andere Festivitäten
zu absolvieren, für die eine großeMenge anMusik
nötigwar, die zu ungefähr gleichenTeilen vonLuigi
197Hintermaier, Ernst: „Das fürsterzbischöflicheHoftheater
zu Salzburg (1775–1803)“, in:ÖsterreichischeMusikzeit-
schrift, 30 (1975), Nr. 3, S. 351–363.
198DasRepertoire dieserTruppen ist in denBriefenderFamilie
Mozart lebendig dokumentiert. Vgl. auch Lahnsteiner,
Werner:Dasmusikalische Repertoire des k.k. Theaters
zu Salzburg 1804–1853, Diplomarbeit,Universität Salzburg
1991.
199Für die genauenAbläufe dieses Festes vgl.Eder, Petrus:
„Luigi Gattis Rupertusmesse für das Erzstiftsjubiläum
1782“, in:EvaNeumayr/LarsE.Laubhold (Hrsg.):Keine
Chance fürMozart. Fürsterzbischof HieronymusColloredo
und sein letzter Hofkapellmeister Luigi Gatti (1740–1817).
Symposiumsbericht, Lucca: LibreriaMusicale Italiana 2013,
(Veröffentlichungen zur Salzburger Musikgeschichte, 10;
zugl.Musicologica Transalpina, 2; zugl.Schriftenreihe des
Archivs der Erzdiözese Salzburg, 12), S. 419–446.
64
Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur