Seite - 65 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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2.1 Das 17. und 18. Jahrhundert
Gatti und JohannMichaelHaydn bereitgestellt wur-
de. Beide schrieben je eine Vesper und eineMesse,
Haydn noch zusätzlich einige kleinereWerke. Luigi
GattisRupertusmesse erklang während der zentra-
len kirchlichenFeier am1. September imSalzburger
Dom, seineVesperae integrae de confessore, beste-
hend ausDixit undMagnificatGehG263.17 und den
BinnensätzenGehG264.20, dürften amNachmittag
erklungen sein, da amNachmittag des 31.August Jo-
hannMichaelHaydnsVesperMH321undamzweiten
TagbeimHochamt inderErzabtei St.Peter seineJu-
biläumsmesseMH322aufgeführtwurden.LuigiGatti
war also in seinemneuenWirkungsbereich sofortmit
seiner neuenHauptaufgabe, demKomponieren von
Kirchenmusik, konfrontiert und erfüllte diese „zu all-
gemeiner Zufriedenheit Sr.HochfürstlichenGnaden
und allerMusikkenner.“200
Aus den Jahren 1782 bis zu seinemTod 1817 sind
imDommusikarchiv 23Messen, 12 Litaneien, eine
seiner beiden Requiemkompositionen201, 44 Offer-
torien, zweiRegina coeli, drei vollständig vertonte
Vespern und zahlreicheDixit Dominus- undMagnifi-
cat-Vertonungen erhalten. SeineHauptwirkungsstätte
dürfte demnach dieMetropolitankirche gewesen sein,
obwohl 1783mitL’isola disabitata LG2.6 undOlim-
piadeLG3.8, beide nachTextenMetastasios, gleich
zwei musiktheatralische Werke Gattis in Salzburg
aufgeführtwurden.Auch in Italienwar er inden80er-
Jahren alsOpernkomponist noch nicht inVergessen-
heit geraten:Das „drammapermusica“Demofoonte
LG 1.6, wieder nachMetastasio, kam am 12. Mai
1787 inMantua zurAufführung.202
200Bernhandsky, Josef von:Gedanken eines Patrioten bey
der nach zurückgelegtemXII. Jahrhundert eintrettenden
Jubelfeyer Salzburgs, nebst einer umständlichenBeschrei-
bung, wie selbe begangenwurde, Salzburg:Waisenhausbuch-
handlung 1782, S. XXXVII, zit. in Eder: „Luigi Gattis
Rupertusmesse“, S. 423.
201Neumayr, Eva: „Die Requiemkompositionen Luigi Gat-
tis (1740–1817)“, in:EvaNeumayr/Lars E. Laubhold
(Hrsg.):KeineChance fürMozart. FürsterzbischofHierony-
musColloredound sein letzterHofkapellmeisterLuigiGatti
(1740–1817). Symposiumsbericht, Lucca: LibreriaMusica-
le Italiana 2013, (Veröffentlichungen zur Salzburger Mu-
sikgeschichte, 10; zugl.Musicologica Transalpina, 2; zugl.
Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese Salzburg, 12),
S. 387–417.
202ZuGattis Kirchenstil vgl. Petrus Eders analytischen Ver-
gleich der beidenRuperti-Messen vonMichaelHaydn und
LuigiGatti, inEder: „LuigiGattisRupertusmesse“,S. 432–
446;Leisinger,Ulrich: „DieVesperkompositionenvonLui-
giGatti. Ein Zwischenbericht“, in:EvaNeumayr/LarsE.
Laubhold (Hrsg.):KeineChance fürMozart. Fürsterzbi-
schofHieronymusColloredo und sein letzterHofkapellmeis- VonGattis Instrumentalmusik ist in Salzburg fast
nichts erhalten geblieben, da derMusikalienbestand
des Hofes verschollen ist und Gattis musikalischer
Nachlass von denErben an den SammlerGiuseppe
Greggiati veräußertwurde und heute in derBibliote-
camusicale ‚G.Greggiati‘ inOstiglia, naheMantua,
aufbewahrtwird.LediglichAbschriftenderVISonate
PerViolino solo con accompagnamento di ViolaLG
10a.1–6203 sowie einesQuartetts für Oboe, Violine,
Viola undVioloncelloLG11a.2204 haben sich imSalz-
burgMuseum (A-Sca) erhalten. Ein gewisser Hang
zurVirtuosität, die auf eine hoheProfessionalität ein-
zelnerHofmusiker hinweist, sowie ein deutlicher stilis-
tischerWandel hin zurRomantik sindKennzeichen
der kammermusikalischenProduktionLuigiGattis.
In den letztenRegierungsjahrenHieronymusGraf
Colloredos litt die Salzburger Hofkapelle unter den
Auswirkungen des ersten Franzoseneinfalles. Der
Fürsterzbischof hatte am 10. Dezember 1800, nach
der Schlacht vonHohenlinden, fluchtartig Salzburg
verlassen, 1802wurde dasErzstift aufgelöst.Obwohl
Colloredo seinErzbistumbis zu seinemTod1812 von
Wien aus leitete, übernahmFerdinand III. vonTos-
kana aufgrund desVertrags vonParis (26.Dezember
1802) alsKurfürst die politischeFührung imnunmeh-
rigenHerzogtumSalzburg.NachdemFürsterzbischof
Hieronymus am11. Feburar 1803 dieAbdankungsur-
kunde unterschrieben hatte, hielt der neueHerrscher
alsKurfürst Ferdinand I. von Salzburg am29.April
1803Einzug in die Stadt.DasErzstift Salzburgwur-
de gemeinsammit derPropstei Berchtesgaden, den
Pfründen desHochstifts Passau und derHerrschaft
des Bistums Eichstätt als Kurfürstentum Salzburg
imAustauschmit demGroßherzogtumToskana an
Ferdinand übertragen. Damit erfuhr auch dasMu-
sikleben beiHof für kurze Zeit eineNeubelebung, da
nachmehr als zwei Jahrenwieder ein Landesfürst in
seinerResidenzstadt anwesendwar.
An seinemHof führte Ferdinand III. keine grund-
legenden Umstrukturierungen durch. Aus der Um-
ter Luigi Gatti (1740–1817). Symposiumsbericht, Lucca:
LibreriaMusicale Italiana 2013, (Veröffentlichungen zur
SalzburgerMusikgeschichte, 10; zugl.Musicologica Trans-
alpina, 2; zugl.Schriftenreihe desArchivs der Erzdiözese
Salzburg, 12), S. 419–446. Um endgültige Aussagen über
LuigiGattisKirchenstil zu treffen,müsstennochwesentlich
mehrWerke spartiert und analysiertwerden.
203A-Sca,Hs 579.
204A-Sca,Hs 1702.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur