Seite - 68 - in Musik am Dom zu Salzburg - Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
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2 Geschichte derMusik an derMetropolitankirche
der erstenAufführung in Salzburg am14.November
1801229 in der Stiftskirche St. Peter immer größerer
Beliebtheit.Nebendenbereits vonuns beschriebenen
Aufführungen230wurde es auch am17. Februar 1816
bei der in Salzburg abgehaltenen „Todtenfeier“ für
die inVenedig jung verstorbene Salzburger Sängerin
ElisabethNeukomm, die Schwester desKomponisten
SigismundNeukomm, aufgeführt, worüber derRezen-
sent desAugsburgerUnterhaltungsblatt für Gebildete
jeden Standes am6.April 1816 berichtet:
„Das mit 70 bis 80 Individuen besetzte
Orchester bestand größtentheils aus Dilet-
tanten, und diePräzision,mitwelcher das
Ganze ausgeführet wurde, übertraf meine
Erwartung, besonders überraschtemich das
so richtige Gefühl des Zeitmaßes, in dem
alle Stücke genommenwurden, undworin
bekanntlichdieWirkungMozartscherMusik
so sehrbedinget ist. InmeinerPhantasie sah
ichMozartsGeist über seinenMitbürgern
schweben, und die Heimgegangene freund-
lich begrüssen.“231
Die Darbietung der großen Vokalwerke Joseph
Haydns imKonzertsaal wie auch die Aufführungen
vonMozartsRequiem in der Stiftskirche St. Peter im
liturgischenKontext, aber ebenfalls unter Einbezie-
hung von „Dilettanten“, bezeugen gleichermaßen die
steigendeBedeutung einer bürgerlichenMusikkultur,
die sich in Salzburg wie in vielen anderen Städten
amBeginn des 19. Jahrhunderts entwickelte und die
in der ehemaligenResidenzstadt die höfisch geprägte
Musikpflege ablöste.Auch imUmkreis derDommusik
kamen – trotz der eingeschränkten personellenMög-
lichkeiten – immer wieder groß besetzteWerke zur
Aufführung.Davon zeugt LuigiGattis Requiem inC,
aufgeführt 1812 bei denExequien für Fürsterzbischof
HieronymusColloredo, aber auch dieKompositionen
desDomorganisten JosephHöß (1778–1831).Dieser
trug inden20er-Jahrendes19.JahrhundertseineMes-
229Neumayr, Eva/LarsE. Laubhold: „Quellen zurRezeption
desRequiems vonW.A.Mozart in Salzburg im19. Jahr-
hundert“, in:Mozart-Jahrbuch, 2009/10 (2012), S. 187–209.
230Vgl. ebd.: 1801 (St.Peter), 1806 (für JohannMichaelHaydn,
Universitätskirche), 1809 (für SiegmundTriendl, St. Peter),
1826 (fürGeorgNikolausNissen,Universitätskirche) und
1842 (fürKonstanzeNissen).
231Unterhaltungsblatt fürGebildete jeden Standes, Augsburg,
6. April 1816, S. 116. se (1824)232, einRequiem (1826)233 und eine Litanei
(1827)234 zumRepertoire derDommusik bei, die sich
alle durch ihre großenBläserbesetzungen (2Flöten,
2Oboen, 2Klarinetten, 2Fagotte235, 2Trompeten,
2Hörner, 3 Posaunen undPauke) auszeichnen.
DerUmstand, dassmusikalischeAufführungen die-
serGrößenordnung in einer Stadtmöglichwaren, die
einige Jahre zuvor ihrerHofkapelle verlustig gegan-
gen war und die, glaubt man der Musikgeschichts-
schreibung, daraufhin in tiefstemkulturellemSchlaf
versunkenwar, erstaunt einigermaßen.
2.2.1 Von derHofkapelle zur
Dommusik
Mit derAuflösung derHofkapelle in den Jahren 1806
und 1807wurden die vorher vonKurfürst Ferdinand
ausPassau undEichstätt übernommenenMusiker an
ihren neuen Landesherrn, denKurfürsten vonBay-
ern, zurückgestellt. Manche Hofmusiker236 folgten
Ferdinand nachWürzburg, einigeMusikermit über-
durchschnittlichemKönnenwurden andieHofkapelle
inWien übernommen, andere gingen nach Passau,
Eichstätt oderMünchen. In Salzburgwar es dieDom-
musik, welche dieAufgaben derHofmusikkapelle am
Domübernahm.237Domkapellmeister blieb zunächst,
bis zu seinem Tod 1817, der vormalige und letzte
Hofkapellmeister LuigiGatti (→S. 66).
EinOrchester für denDomwurde aus den in Salz-
burg verbliebenen Mitgliedern der Hofmusikkapel-
le unter Kapellmeister Gatti und einigen neu auf-
232A-Sd,A 1161: In FestumPortiunculae. /Missa / Solemnis.
/ a. / Piu Instrumenti. / Del Signore Giuseppe Höss. /
Domorganist in Salzburg. /Anno 1824. / den 1tenAugust:
/ producirt. / in der Universitaets /Kirche.
233A-Sd,A1187:Requiem./a. /Piu Instrumenti /DelSignore
GiuseppeHöss. /DomOrganist in Salzburg /Anno 1826.
/ Componirt. / den 3tenOctober verfertigt.
234A-Sd,A1162:Litaniae solennis. / deVenerabili sacramento.
/a/piu Instrumenti. /CompostodiGiuseppeHöß.Organ:
/ aMetropolitania a Salisburgo. /Anno 1827. den 17ten
December.
235Die imDommusikarchiv erhaltenenMaterialienweisen für
dieHolzbläser sämtlich 4 ausgeschriebene Stimmen aus, sie
dürften also doppelt besetzt gewesen sein.
236Z.B. derGeigerAttilioGrisi (1767–1852).
237MonikaGehmacher irrt jedoch, wenn sie meint, die Dom-
musik sei die „einzige musikalische Institution“ gewesen
und habe „auch zu öffentlichen Akademien und Festan-
lässen“ gespielt. (Gehmacher:Luigi Gatti, S. 52.)Neben
derDommusik gab es z.B.Musiker an der Stadtpfarre, in
der Stiftskirche St. Peter und an der Universitätskirche,
die musikalischen Aktivitäten nachgingen, die durch die
Auflösung derHofkapelle kaumberührtwurden.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur