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3.5 Besetzungen für verschiedeneAnlässe
ten JohannPaul Huetterer noch in dessenTaschen
gewandertwar, auf dieMusiker auf.132
Die kleinste Besetzung, die Freystädtler anführt,
bestand in einemMännerquartett mit Orgelbeglei-
tung, die nächstgrößere umfasste bereits vierstim-
migenChor, zwei Geigen undOrgel. Zu den Stadt-
pfarrmusikanten kamen, je nachTarif, ein oder zwei
Kapellknaben für den Sopran, dazuOboe oderViolo-
ne für 5 fl. 6 xr., für 6 fl. 6 xr. bekammandie gleiche
Besetzung, aber bereitsmit 2Oboen. Für 8 fl. 6 xr.
konnteman zumvierstimmigenChormit Streichern
noch 2Trompeten oderWaldhörner und 2Posaunen
oder 2Oboen, Fagott und 3Posaunen dazu buchen.
Die größte und teuersteBesetzungwar jene um10 fl.
6 xr.: Für diese Summebekammannebenden 4 Sän-
gerstimmen (S,A,T,B)mitOrgel doppelt besetzte
Violinen, zweiTrompeten und drei Posaunen.
Wenn die Domkapellknaben den Sopran sangen,
wurde einer der Stadpfarrmusikanten alsGeiger ein-
gesetzt. Das erklärt, warum laut Liste immer nur
einem „anderte[n]Geiger“ oder einem „anderten und
dritten geiger“ (bei doppelter Besetzung der Violi-
nen) die „Accidentien“ ausgefolgtwurden, denn der
Violinist aus den Stadtpfarrsängern wurde als Sän-
ger remuneriert. Die Bemerkung „bey disen 2Gots
Diensten ist der Gandolph der 4:te geiger.“ bezieht
sich vermutlich auf den ehemaligenThurnergesellen
GandolphWestermayer, der Ende der 20er-Jahre des
18. Jahrhunderts sowohl denMesnerdienst anderGa-
brielskapelle (imSebastiansfriedhof)133 als auch den
Stadtpfarrmusikantendienst übernommenhatte.
Während in demDokumentOrdentliche austhail-
lung [. . . ] die Instrumente nur summarisch angeführt
werden, z.B. „4 instrumentisten“, werden in der Spe-
cification [...] neben Streich- auchBlasinstrumente
erwähnt, und zwarFagotte,Oboen,Waldhörner, Po-
saunen und Trompeten. Alle Instrumente wurden,
wenn sie nicht von den Stadtpfarrmusikern selbst ab-
gedeckt wurden, von den sogenannten „Thurnern“
(Türmern) versehen, städtischenMusikern, die un-
132Diese Überarbeitung dürfte auf den Einwand des Stadt-
kaplans LeopoldLamprecht zurückzuführen sein,wonach
„die in supplicatione beygelegte in villen puncten nicht au-
thentisch seye“, die dieser am 29.November 1766 an das
Konsistoriumrichtete.DemnachwäredieSpecification [. . . ]
1766, dieOrdentliche[n] austhaillung [...] entweder noch
im selben Jahr oder Anfang 1767 entstanden. Vgl. AES,
Altbestand,AT-AES 1.2.5/25/9.
133Vgl. AES,Altbestand,AT-AES 1.2.5/25/8. ter einemThurnermeister für zahlreichemusikalische
Dienste, wie z.B. das täglicheBlasen vomRathaus-
turm, dasMusizieren bei Feierlichkeiten134 oder das
Colla parte-Spiel der Posaunen,wenn dieHofkapelle
amDom spielte, verantwortlich zeichneten.
Dass in denBesetzungen, in denen Stadtpfarrmusi-
kantenmit Thurnernmusizierten, auchTrompeten
erwähnt werden, ist bemerkenswert, warman doch
bisher derMeinung, dieVerwendung derTrompete
sei ausnahmslos an eine zeremonielle Verwendung
im Zusammenhangmit demAuftreten des Landes-
herrn gekoppelt. DieHofkapelle z.B. durfte das In-
strument amDom ausschließlich verwenden, wenn
der Fürsterzbischof als Zelebrant zugegenwar oder
sich vertreten ließ, also zugegen hätte sein sollen.
Zur Verwendung der Trompeten bei Seelenmessen
oder Jahrtags-Gottesdiensten ist anzumerken, dass
dieTrompetenweniger ein Indiz für die adeligeGe-
burt des Toten waren, wie oft angenommen wird.
Dementgegen war es für jeden, der es sich leisten
konnte, das ganze Jahr über, außer an Tagen, die
schon anderen hohenFeiern vorbehaltenwaren (Fes-
ta pallii→ S. 7), erlaubt, Totenmessen solenn, also
mitTrompeten undPauken, zu halten.135 In diesen
Fällen dürften dieThurnergesellen, die nachweislich
nachAuflösungderHofkapelle 1807 auch inderDom-
musik das Spielen der Trompeten übernahmen, die
Stadtpfarrmusikanten ergänzt haben.Da die großen
Besetzungen rein zahlenmäßig von Stadtmusikanten
und Thurnern nicht zu leisten waren, da auch die
Thurner samt demThurnermeister nur vierMusiker
zählten, wurden vermutlich gelegentlich auch andere
Musiker, etwa aus demBereich desMilitärs oder des
Bürgertums herangezogen. In adeligen undwohlha-
benderenKreisenwaren jedenfalls auch die teuersten
Besetzungengefragt,was sichanhandeinerTagebuch-
notizdesSalzburgerHofratsundMozart-Zeitgenossen
JoachimFerdinandvonSchidenhofen (1747–1823) an-
lässlich derBegräbnisfeierlichkeiten für seineMutter
belegen lässt:
„DerGottesdienstwurde von demStadt
Caplan gehalten, und von denAlumnis Le-
vitirten2, 2TrugendieLeichter, 1 trugedas
134Vgl.Rainer,Werner: „Schauspieler,SängerundMusiker im
Salzburg des Fürsterzbischofs FranzAntonHarrach (1709–
1727)“, in:SalzburgArchiv, (2016),S.111–146,hier:S.126f.
135Vgl. Jaksch:H.I. F. Biber, Requiem à 15, S. 40.
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Musik am Dom zu Salzburg
Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Titel
- Musik am Dom zu Salzburg
- Untertitel
- Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
- Autoren
- Eva Neumayr
- Lars E. Laubhold
- Ernst Hintermaier
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-540-0
- Abmessungen
- 21.0 x 30.2 cm
- Seiten
- 432
- Kategorie
- Kunst und Kultur