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Räume der Herrschaftsrepräsentation in der Musiktheater-Kultur am Wiener Kaiserhof von Leopold I.
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Antecamera haben.«23 Der Entwurf wurde im Oktober 1666 beraten – insbesondere
im Hinblick auf »Fragen des Zeremoniells der bevorstehenden Hochzeit«,24 vor der
man niemanden verprellen wollte. Schlussendlich mündeten die Diskussionen zu
einer Zugangspraxis, die weniger restriktiv war als unter Kaiser Ferdinand III. Um
nur zwei Räume exemplarisch aufzurufen: In die Geheime Ratsstube [5] durften wäh-
rend der Regentschaft von Leopold I. »Kurfürsten und Fürsten, Botschafter der Kro-
nen und Venedigs, die Formalgesandten der Kurfürsten, die kaiserlichen (obersten)
Hofämter, die wirklichen Geheimen Räte, die wirklichen kaiserlichen Kämmerer, die
Feldmarschälle, der Erzbischof von Gran als Primas von Ungarn und der ungarische
Palatin«,25 in die Ritterstube [2] »die kaiserlichen Truchsessen, die Herren- und Rit-
terstandspersonen der Erbkönigreiche des Kaisers und Landen, die den Zutritt in die
Antecamera nicht erlangt haben, die fremden adeligen Personen und Kriegsoffiziere,
bis auf die Kapitäne, auch noch niedrige Befehlshaber, wenn sie adelig sind, die kai-
serlichen und erzherzoglichen Edelknaben, die Doktoren und nobilitierten Personen,
die aus dem Reich abgeordneten Doktoren und Agenten, die kaiserlichen Oberoffi-
ziere (Hofämter) und Hoffuriere, die Aufwärter und adeligen Bediensteten der Ge-
sandten und kaiserlichen Geheimen Räte, an den Fest- und Feiertagen die Hartschiere
und Trabanten der Leibwache, und wann sonst ihr Dienst es erfordert die Pagen der
Botschafter.«26
Es ist naheliegend, dass eine solche Zugangspraxis eine ebenfalls höchst differen-
zierte Lokalisierung von Musiktheateraufführungen nach sich zog: Tanzten z.
B. die noch
sehr jungen kaiserlichen Kinder in Aufführungen zu den Geburtstagen ihrer Eltern mit
(1687 waren Joseph 9, Maria Elisabeth 7, Maria Josepha 4 Jahre alt, als sie aus Anlass
des Geburtstages ihres Vaters in La Vendetta dell’Honestà tanzten), war das nichts, was
man einer breiten höfischen Öffentlichkeit vorgeführt hätte. Dafür wurde die erste An-
tecamera [3] gewählt; hier trat Joseph mit 8 Jahren anlässlich des Geburtstages seiner
Mutter 1686 erstmals in Lo Studio d’Amore auf. Noch weiter wurde das musiktheatrale
Geschehen der Hoföffentlichkeit naheliegenderweise im Falle einer Schwangerschaft
der Kaiserin wie auch während der Zeit des Wochenbetts entzogen. Dann wurde im
Schlafzimmer des Kaiserpaars
[8] oder in einem abgelegenen Saal oder, wie es in einem
Fall heißt, »auf geheimer Schaubühne« gespielt.
23 Ebd., S.
235.
24 Ebd.
25 Ebd., S.
239.
26 Ebd., S.
240.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Titel
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Untertitel
- Hof – Oper – Architektur
- Autoren
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Herausgeber
- Matthias Müller
- Verlag
- Heidelberg University Publishing
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Abmessungen
- 19.3 x 26.0 cm
- Seiten
- 618
- Schlagwörter
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Kategorie
- Kunst und Kultur