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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
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Matthias Müller 56 corpus mysticum des Fürsten bzw. Königs und seiner Dynastie zu sinnlich fassbarer Evidenz verhelfen soll, spricht wenige Jahre zuvor der Architekturtheoretiker Johann Friedrich Penther in einer 1748 erschienenen Abhandlung ganz offen an, wenn er über das Verhältnis von Landesherr und Residenzschloss schreibt: »Er  [der Landesherr, M.M.] setzet sich durch eine ansehnliche Residenz, die dem Anschauenden so majestätisch in die Augen strahlet, in eine ehrfurchtsvolle Hochachtung, indem vielmahls aus dem Continente auf das Contentum, oder aus der Schale  [der Schlossfassade, Anm. M.M.] auf den Kern  [des fürstlichen Schloßbesitzers, Anm. M.M.] geschlossen und geurtheilet wird.«24 Aus den zitierten Äußerungen der französischen und deutschen Hofbeamten und juristen wird deutlich, dass wir sowohl die Residenzarchitektur als auch ihre künst- lerische Ausgestaltung als zentralen Teil einer Inszenierung begreifen müssen, in der der Fürst oder König letztendlich in seiner überindividuellen, transpersonalen, nach zeitgenössischer Auffassung ewig währenden Bedeutung als irdische Verkörperung eines überirdischen, letztendlich göttlichen Prinzips guter und gerechter Herrschaft in Erscheinung tritt. Daraus ergibt sich die Konsequenz, vor allem das Residenzschloss mit seinen Außen- und Innenräumen als eine multimedial bespielbare Bühne für ein Schauspiel zu verstehen, dessen Inhalt und Handlung  – durchaus im christlich-sakralen Sinne  – der Epiphanie der an sich unsichtbaren, immateriellen göttlichen Autorität, der sog. Magnifizenz oder der französischen Gloire, dient.25 4 Der König als Schauspieler einer politisch-ideellen Fiktion: Berninis Diktum vom Schloss als Porträt der Seele des Fürsten und André Félibiens Definition des Herrscher- porträts als Darstellung von etwas Nichtdarstellbarem Diese mediale, allegorisch-metaphorische Qualität höfischer Architektur, mit deren Hilfe Architektur zu einem transzendierenden Sinnbild für die nichtsichtbare überirdi- sche bzw. transpersonale Realität der fürstlichen Existenz und ihres Amtes zu werden vermochte, findet ihr Pendant in einer der wichtigsten höfischen Bildgattungen: dem Herrscherporträt, das zugleich einer der bedeutendsten Ausstattungsgegenstände von Residenzschlössern war. Diese Wechselwirkung zwischen der Architektur als Ausdrucks- träger fürstlicher Magnifizenz und dem Herrscherporträt erkannte schon der römische Architekt Gianlorenzo Bernini. Im Rahmen des Wettbewerbs für den neuen Ostflügel des Louvre, zu dem ihn 1664 Colbert eingeladen hatte, äußert er 1665 über die bildnis- hafte Qualität von Residenzschlössern: »Die Palastgebäude sind Porträts von der Seele 24 Penther 1748, S.  9; siehe auch Schütte 1998, S.  24–25. 25 Für Ludwig  XIV. hat dies immer noch grundlegend Burke 1993 aufgezeigt.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa Hof – Oper – Architektur
Titel
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Untertitel
Hof – Oper – Architektur
Autoren
Margret Scharrer
Heiko Laß
Herausgeber
Matthias Müller
Verlag
Heidelberg University Publishing
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-947732-36-4
Abmessungen
19.3 x 26.0 cm
Seiten
618
Schlagwörter
Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
Kategorie
Kunst und Kultur
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